Süßen, ohne zu bereuen? Stevia macht's möglich!
Naschen ohne Angst vor Karies und Kalorien? Dieser Traum eines jeden Süßmauls könnte mit Hilfe von Stevia (Stevia rebaudiana) vielleicht bald wahr werden. Die Engländer testeten den Einsatz von Stevia (auch Süßblatt oder Honigblatt genannt) als Zuckerersatz schon 1941 während der deutschen U-Boot-Blockade im Zweiten Weltkrieg. Dort geriet Stevia jedoch bald wieder in Vergessenheit.Woher kommt Stevia?
Ursprünglich stammt die Staudenpflanze Stevia aus Paraguay und Bolivien in Südamerika. Dort wurde sie von dem Europäer Moisés Bertoni "entdeckt", so dass Europa von ihrer Existenz erfuhr. Er berichtete, dass bereits wenige Blätter der Stevia-Pflanze ausreichten, um einen starken Kaffee oder Tee zu süßen.Stevia ist im Verhältnis ungefähr 300 Mal süßer als Zucker. Der süße Geschmack der Pflanze stammt von dem Stoff Steviosid. Dieser ist auch für Diabetiker und Menschen mit Figurproblemen geeignet, denn Stevia hat keine Kalorien und beeinflusst den Blutzuckerspiegel auch nicht, heißt es. Stevia soll auch die Aufnahme von Vitaminen im Körper nicht stören und zusätzlich sogar mehr Antioxidantien (Radikalfänger) als Grüner Tee enthalten.
Die südamerikanischen Ureinwohner kennen die Blätter von Stevia schon seit Hunderten von Jahren als Süßungsmittel. Sie benutzen sie bei der Herstellung von Getränken und Speisen. Stevia ist sogar Bestandteil des paraguayischen Nationalgetränks Matetee. Interessant: Unter den unabhängig von der westlichen Zivilisation lebenden Guarani-Indianern sind Krebs und Karies unbekannt. Außerdem gilt Stevia in ihrer Heimat auch als Heilpflanze.
Seit den siebziger Jahren ist Stevia auch in Japan als Zuckerersatzstoff anerkannt, wo es seitdem im großen Stil angebaut und industriell genutzt wird. Auch in China, Thailand und Israel wird Stevia inzwischen zur Süßstoffgewinnung angebaut.
Die Unbedenklichkeit von Stevia
Zwischenzeitlich waren Zweifel an der Unbedenklichkeit von Stevia entstanden, weshalb die Pflanze in den USA Anfang bis Mitte der neunziger Jahre ganz verboten war. Seit 1995 darf Stevia nur noch als diätisches Nahrungsergänzungsmittel verkauft, jedoch nicht mehr einfach Lebensmitteln zugegeben werden. Die WHO (World Health Organisation) ist aufgrund eigener Untersuchungen zu der Ansicht gelangt, dass Stevia bei einem Konsum von nicht mehr als 2 Milligramm (mg) pro Kilogramm Körpergewicht am Tag gesundheitlich unbedenklich sei.Versuche mit Ratten und Hamstern haben Hinweise darauf gegeben, dass Stevia für die Zeugungsfähigkeit gefährlich sein könnte. Studien der WHO ergaben, dass diese Tierversuche sich nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen lassen. Die WHO hat in den ihr vorliegenden Studien zwar keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen an Menschen festgestellt - aufgrund der Ergebnisse und der Tierversuche sowie der Tatsache, dass Stevia von den südamerikanischen Ureinwohnern tatsächlich zur Empfängnisverhütung (es soll dort nämlich gezielt die Zeugungsfähigkeit des Mannes verringern) verwendet wird, bleibt der Verkauf von Stevia als Lebensmittel in der EU vorerst jedoch verboten. Auch zur Mutagenität (Fruchtschädigung des Embryos) von Stevia sollen vor der Zulassung noch Erkenntnisse gewonnen werden.
Diese Wirkung ist jedoch sehr umstritten, da weder die südamerikanischen Ureinwohner mit hohem Steviakonsum ausgestorben sind, noch kommen aus China, Japan und Brasilien, wo Stevia seit über 25 Jahren als Zuckerersatzmittel zugelassen ist, Meldungen über Zeugungsunfähigkeit oder ähnliche negative Nebenwirkungen. Es werden immer wieder Stimmen laut, die vermuten, dass vor allem die großen Süßstoffproduzenten die Einführung von Stevia fürchten, da sie wohl einen ähnlichen Siegeszug der Pflanze wie in China und Japan, wo sie 75 Prozent Marktanteil hat, befürchten.
Es sieht stark danach aus, als würde die Schweiz der EU zuvorkommen: Dort sollen in diesem Jahr noch die ersten Einzelzulassungen vergeben werden.
Das Verbot von Stevia als Lebensmittelzusatz wird von Herstellern umgangen, indem sie es nicht als Lebensmittel, sondern als Sirup, Liquid oder Tropfen verkaufen. Problematisch an dieser Situation ist, dass diese Produkte häufig nicht den Standards entsprechen. Oft enthalten sie zum Beispiel eine zu hohe Menge des Konservierungsstoffs Kaliumsorbat.