Glatze versus Haar: Eine lange Geschichte
Die altersbedingte Glatze wird von jeher als negatives Attribut des Trägers gesehen: Sie gilt als Zeichen abnehmender Stärke und wird unattraktiver eingestuft als volles Haar. Eine wallende Mähne stand schon bei den Steinzeitdamen hoch im Kurs. Auch bei den Persern und Ägyptern war langes Haar ein Zeichen von Körperkraft, Macht und sexueller Potenz. Und bei den antiken Griechen galt langes Haar als ein Geschenk der Götter. Auch in der Bibel wird mangelndes Haar nicht positiv beurteilt. Ganz im Gegenteil: die Glatze ist sogar Strafe Gottes. Im Alten Testament heißt es: »Dann habt ihr Moder statt Balsam, Strick statt Gürtel, Glatze statt kunstvolle Locken, Trauergewand statt Festkleid, ja, Schande statt Schönheit.« (Jesaja 3,24).Wie wirkt eine Glatze?
In wissenschaftlichen Studien wurde Glatzenträgern ein geringeres Selbstwertgefühl und ein geringerer Lebenserfolg zugesprochen, sie erschienen den Betrachtern zugleich weniger sympathisch und weniger attraktiv - und sie wurden deutlich älter geschätzt. Andere Wissenschaftler weisen darauf hin, dass ein kahler Männerkopf eher mit dem Kindchenschema übereinstimmt ("babyface"-Merkmale). Darüber hinaus hält man Glatzenträger für weniger selbstsicher. Insgesamt weist das Glatzenstereotyp deutlich mehr negative als positive Aspekte auf. Vermutlich ist dies einer der wesentlichen Gründe dafür, dass Männer zu allen Zeiten und in allen Kulturen dem Verlust ihres Haupthaares mit Bangen entgegen sahen – und, dass zumindest einige mit allen Mitteln versuchten, dieser Bedrohung entgegenzuwirken. In einigen Punkten schnitten Männer mit Glatze in aktuellen Studien allerdings deutlich besser ab als ihre Geschlechtsgenossen mit (mehr) Haaren auf dem Kopf: Mit Glatze erscheint man deutlich friedlicher, sozialverträglicher, weniger aggressiv und weniger dominant.Perücken und Tinkturen: Mittel gegen den kahlen Kopf?
Nicht nur Altschlagerstar Heino versteckt heute seine Glatze unter einem Toupet, weiß man in einschlägigen Kreisen zu berichten. Kahle Köpfe wurden schon sehr viel früher verborgen. Während Aristoteles keine Probleme mit der Glatze hatte, sondern sie mit Potenz verband, litt der großer Kaiser Cäsar unter seinem schütteren Haupthaar. Er zierte sein Haupt mit einem Lorbeerkranz, um von seinen wenigen Haaren abzulenken. Karl der II. wurde wegen seiner Glatze spöttisch "der Kahle " genannt und auch Ludwig der XIV. litt sehr unter seinem spärlichen Haarwuchs. Er etablierte eine opulente Perücke als unabdingbaren Bestandteil der Hofmode. Sie diente dazu, die als Makel empfundene Glatze zu verdecken.Nachdem die Perücken aus der Mode kamen, wurde die Glatze wieder weniger versteckt, allerdings immer noch negativ bewertet. Anstelle von Kunsthaar, Haarersatzteilen und Toupets suchten Männer in der Wissenschaft der Tinkturen Hilfe gegen ihr mangelndes Haupthaar. Schon im Mittelalter hatten die Mediziner zahlreiche meist wirkungslose Mittel auf den Jahrmärkten vertrieben und sich dabei auf die Erfahrung der alten Ägypter berufen, die das tägliche Einreiben der Glatze mit dem Fett von Steinböcken und Nilpferden empfahlen. Mit dem 19. Jahrhundert lösten - inzwischen industriell und deshalb massenweise hergestellte - chemische Produkte über ein breit gefächertes Netz an Drogerien und Apotheken die geheimnisvollen Tinkturen der Hausierer ab.
Die Glatze heute: Immer noch gefürchtet und bekämpft
Auch heute schämen sich Männer für ihre (frühe) Glatze und versuchen sie zu vermeiden, zu verstecken oder ungeschehen zu machen. Nach Berichten der Yellow Press inzwischen auch der britische Prinz William. Seinem Haar könnte - zum Schrecken seiner zahlreichen Verehrerinnen - bereits in jungen Jahren das Schicksal der Haare seines Vaters ereilen und dahinschwinden. Würde William in Deutschland leben und Beamter sein, dann könnte er unter Umständen seinen Anspruch auf Finanzierung einer Perücke durch die Sozialversicherung geltend machen. Die ehemals geltende Einschränkung dieses Anspruchs auf Personen unter dreißig Jahren wurde vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim aufgehoben, da Kahlköpfigkeit bei jeder Altersgruppe Depressionen verursachen könne. Die Glatze ist also auch heute hierzulande vor allem eins: gefürchtet! Mit mehr als 70 Prozent meinen deutsche Männer, dass Haare wichtig sind für ein attraktives Äußeres und fühlen sich von Haarausfall verunsichert. Und auch andernorts wird die Glatze gefürchtet und bekämpft. In den USA wurden 2007 mehr als 115 Millionen Dollar für Haartransplantationen ausgegeben, weltweit werden die Einnahmen durch Therapien gegen Glatzenbildung mit 405 Millionen Dollar beziffert.Lob der Kahlköpfe: Ist die Glatze sexy?
An der negativen Einschätzung der Glatze konnte auch das Lobgedicht auf die Glatzköpfigen durch den mittelalterlichen Abt und Gelehrten Hucbald von St. Armand (840–930) nichts ändern. In 146 Versen, die alle mit dem Buchstaben c wie »calvus« (kahl) beginnen, rühmte er die natürlichen und angeborenen Führungsqualitäten von kahlen Männern (Klerikern, Königen, Kriegern und Gelehrten): Sein Werk "In lau-dem calvorum" (Zum Lob der Kahlköpfe) oder auch "Ecloga de Calvis" (Loblied auf die Kahlköpfe) widmete er dem Erzbischof Hatto von Mainz, der eine Glatze hatte. Und die Glatze hat auch heute noch ihre Anhänger. Vor allem nachdem die Fußballer Zinedine Zidane und David Beckham den kahlen Kopf mit Attributen wie sexy, stylish und modisch besetzten. Heute rasieren sich Männer, die keine Haare (mehr) haben, freiwillig eine Glatze. Und wie findet die Frauenwelt den kahlen Kopf? In einer aktuellen Studie sagen mehr als vier von zehn Frauen, dass Männer mit Glatze häufig attraktiv und sexy auf sie wirken, bei den 20- bis 49-Jährigen sind gar 53,4 Prozent dieser Ansicht.Und Mann sollte vor allem das beachten:
Siebzig Prozent der Frauen empfehlen Männern mit schütterem Haar, dieses möglichst kurz zu schneiden oder zu rasieren!