YaaCool: Frau Karalus, mein Kompliment! Ihr Buch informiert und berät nicht nur sachlich – ich fühlte mich auch "köstlich" unterhalten. Die bunte Mischung aus Experten-Interview, Schautafeln, Rezepten und Wissenstexten macht es zu einem echten Ratgeber, indem man immer wieder gerne blättert. Die Aufmachung ist Ihnen "geschmackvoll" gelungen!
Birte Karalus, Moderatorin: Danke, das freut mich. Die Arbeiten für das Buch, insbesondere die Gespräche mit Dr. Lindschinger (Dr. Meinrad Lindschinger ist Facharzt für Innere Medizin und ärztlicher Leiter des Instituts für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen auf der Laßnitzhöhe bei Graz in der Steiermark – Anmerkung der Redaktion) haben auch viel Spaß gemacht. Schön, wenn das rüberkommt. Ich wollte auf keinen Fall einen belehrenden Ton - mit dem erhobenen Zeigefinger - anschlagen.Dr. Lindschinger hat die Ernährungslehre Functional Eating® entwickelt. Was beinhaltet sie genau?
Birte Karalus: Kurz gesagt: "Iss das, was Dein Körper wirklich braucht!". Dr. Lindschingers Lehre ist eine Lehre von der ausgewogenen Ernährung – "Balanced Food". Am Beispiel erklärt: Ein Mann, der den ganzen Tag am Steuer eines LKWs sitzt oder eine Vorstandsvorsitzende, die meist am Schreibtisch tätig ist, brauchen andere Nährstoffe als ein Mann auf dem Bau oder eine Hochleistungssportlerin. Von herkömmlichen Diäten werden alle gleich behandelt. Lindschinger dagegen berücksichtigt die Unterschiede nicht nur, sondern entwickelte entsprechend differierende Kombinationen aus Nähr- und Mikronährstoffen. Ziel der ausgewogenen Ernährung mit weniger tierischen und mehr pflanzlichen Nahrungsmitteln sollte es sein, Essen als Quelle von Gesundheit zu sehen. Wobei der Zustand Gesundheit das Gegenstück zu Krankheit ist. Beides sind Schalen einer Waage, die sich mal zur einen, mal zur anderen Seite neigt.Das heißt, dass wir weder gesund noch krank sind …?
Birte Karalus: Genau. Dr. Lindschinger sagte zu mir, wir sind eher ein bisschen weniger gesund oder ein bisschen mehr krank, also eigentlich beides zur gleichen Zeit. Ausgewogene Ernährung kann helfen, Gewicht auf die Waagschale Gesundheit zu legen.Das klingt kompliziert. Wie funktioniert Functional Eating®?
Birte Karalus: Das Ganze ist ein 7-mal-7-Säulenmodell, indem "Balanced Food" die Basis-Säule ist. Wer sich danach ernährt, isst gesund. Jede der sieben Säulen entspricht einem bestimmten Ernährungs-Typ und hat wiederum sieben Untersäulen:- Gemüse
- Obst
- Getreide
- Milch- und Milchprodukte
- Fleisch oder Fisch beziehungsweise pflanzliche Eiweißquellen bei Vegetariern
- Fette und Öle
- Naschwerk
Aber auch innerhalb eines Ernährungs-Typs gibt es doch Menschen mit unterschiedlichem Energiebedarf, die also mehr oder weniger Kalorien brauchen, um ihren Stoffwechsel am Laufen zu halten?
Birte Karalus: Richtig. Deshalb werden die energetischen Grundumsätze berücksichtigt, indem jeder Untersäule eine Portionsempfehlung für die entsprechenden Lebensmittel zugeordnet wird. Unterschieden wird jeweils nach Bedarf. Das Ganze nennt sich bilanzorientierte Ernährung, laut Dr. Lindschinger das Herzstück von Functional Eating®: Die Tabelle zeigt die Energie-Bedürfnisse unterschiedlicher Menschen.Täglicher Bedarf: 1800 Kilokalorien (kcal) | Täglicher Bedarf: 2000 Kilokalorien (kcal) | Täglicher Bedarf: 2200 Kilokalorien (kcal) |
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körperlich wenig aktive Frauen und Männer sowie ältere Menschen | Kinder, weibliche Jugendliche und körperlich aktive Frauen | männliche Jugendliche und körperlich aktive Männer |
Es gibt eine Menge zu lernen! Lohnt sich der Aufwand?
Birte Karalus: Sicher. Für viele andere Dinge im Leben betreiben wir doch auch jede Menge Aufwand. Schule, Lehre, Studium, Führerschein … Essen will genauso gelernt und trainiert werden. Glauben Sie mir, man hat den Dreh schnell raus und weiß, welche Lebensmittel einem gut tun.Erzählen Sie bitte etwas mehr über die einzelnen Food-Typen! Wo kann man sich einordnen?
Birte Karalus: Neben der Säule Balanced Food sind noch sechs Säulen zu nennen:- Brain Food ist allen zu empfehlen, die ohne große Bewegung mit dem Kopf arbeiten, also die Vorstandsvorsitzende, um beim Beispiel zu bleiben. Brokkoli, getrocknete Bananenchips und Erdnüsse stehen auf der zugehörigen Liste ganz oben, denn richtig kombiniert bringen diese Nahrungsmittel unsere grauen Zellen auf Trab.
- Wer alltägliche Hektik verdauen muss, sollte den Ratgeber auf Seite 158 aufschlagen: Das Kapitel Soul Food bietet hilfreiche Ernährungstipps, um gestresste Seelen ins Gleichgewicht zu bringen.
- Wer das Feuer der Leidenschaft entfachen möchte, findet im Kapitel Erotic Food zündende Ratschläge. Ich empfehle Chili, Safran, Nelken, Spargel, Austern und Schlagsahne, um die Libido anzuregen. Es gilt: "Alles, was scharf ist, macht auch scharf!"
- Körpern, die hart arbeiten oder viel Sport treiben, hilft man mit der Ernährungssäule Power Food am besten.
- Wer mittels der passenden Ernährung sein Aussehen verbessern möchte, kommt um das Kapitel Beauty Food nicht herum.
- Und wer sich für fleischlose Kost entschieden hat, erfährt im Abschnitt New Food zum Beispiel, dass Heidelbeeren, Amaranth und Ingwer helfen, den häufig bei Vegetariern auftretenden Eisen- und Eiweißmangel wettzumachen.
Sollte man sich auf einen Typ beschränken oder kann man sich von Tag zu Tag neu für eine Säule entscheiden?
Birte Karalus: Das Lindschinger-Modell berücksichigt die aktuelle Lebenslage und die daraus resultierenden Bedürfnisse. Die persönliche Situation sollte deshalb langfristig zugrunde gelegt werden. Ändert sie sich jedoch gravierend, ist ein Typenwechsel, also die ernährungstechnische Anpassung an die neuen Anforderungen, zu empfehlen.Im Buch wird immer wieder betont, die Nahrungsmittel sinnvoll zu kombinieren. Was hat es damit auf sich?
Birte Karalus: Die Empfehlungen von Dr. Lindschinger berücksichtigen stets, wie das, was zusammen auf dem Teller liegt, in den Körper gelangt und dort gleichzeitig verdaut wird, einander beeinflusst. Die Rede ist von biochemischen Vorgängen, die die biologische Wertigkeit der einzelnen Lebensmittel zu Gunsten oder Ungunsten verändern. Übrigens, unsere Mütter und Großmütter lagen demnach ganz richtig, wenn sie pflanzliches Eiweiß mit tierischem mischten – und uns Bratkartoffeln mit Spiegelei oder Grießbrei mit Milch und Ei auftischten.Was sind Sie für ein Esser im Sinne der Lindschinger-Lehre?
Birte Karalus: Ich habe "Soul Food" für mich entdeckt. Im Job verschlang ich wahllos Fast Food. Ich hatte keine Zeit fürs Essen, nahm aber trotzdem zu. Mit Soul-Food nahm ich ohne Krampf und Kampf 10 Kilo ab und fühle mich heute fitter und frischer denn je.Was naschen Sie zwischendurch?
Birte Karalus: Mandeln. Die habe ich immer dabei.Ist die Ernährungslehre Functional Eating® eine Diät?
Birte Karalus: Nein, wenn man Diät als den Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel versteht. Die meisten Diäten verschreiben doch entweder einseitige Ernährung, Mengenreduzierung oder Totalverzicht. Und: Diäten werden - insbesondere im Zusammenhang mit Gewichtsreduzierung – meist zeitlich begrenzt durchgeführt.Ja, Functional Eating® ist eine Diät, wenn man diese als das versteht, was sie im wahrsten Sinne des Wortes meint: Übersetzt man das griechische Wort Diät streng, heißt es nichts anderes als "Lebensweise". Und das ist Functional Eating® ganz sicher. Eine Ernährungs-Philosophie – mit lebenslanger Gültigkeit.
Wo begegneten Sie dem Thema Functional Eating® zum ersten Mal?
Birte Karalus: Das ist schnell erzählt: Ich selbst empfand mich stets als den lebenden Jo-Jo-Effekt. Ich kenne alle Diäten aus eigener Erfahrung! Mein Gewicht ging über Jahre rauf und runter. Einerseits esse ich gerne - ich koche viel Biozeugs von den Demeterhöfen in der Nähe meines Wohnortes bei Frankfurt - andererseits arbeite ich im Fernsehen. Der Zuschauer hat ein kritisches Auge – und durch die Kamera sieht man noch dicker aus, als man wirklich ist. Ein Dilemma! Ich handelte meist extrem: Hatte ich einen TV-Auftritt oder eine Gala-Show, hungerte ich mich dafür tagelang schlank. Anschließend stillte ich meinen Appetit, indem ich alles aß, was ich auf den Teller bekam. Ein ständiges Auf und Ab. Den Stress der langen Drehs und der ungesunden Ernährung ließ mein Körper mich natürlich immer deutlicher spüren. Nach einer besonders anstrengenden Zeit mit 12 bis 14 Stunden Arbeit pro Tag und einem beängstigenden Besuch beim Notarzt, der mir ein Burn-Out-Syndrom bescheinigte, buchte ich kurzerhand eine Wellnesswoche, um mich zu erholen. Dort wurde sehr leckeres Essen serviert – Functional Eating®.Sie müssen wirklich auf den Geschmack gekommen sein, wenn daraus gleich ein Buch wurde …?
Birte Karalus: Das hatte ich zunächst gar nicht vor: Nach der Woche Wellnesshotel war ich von der Wirkung der Ernährungsweise überzeugt und wollte das Konzept einfach weiterleben … Ich war bei den abwechslungsreichen Mahlzeiten im Hotel satt geworden, verspürte zwischendurch kaum (Heiß)hunger und fühlte mich trotzdem nicht abgefüllt. Meine stressgeplagte Haut strahlte wieder. Ich nahm ab, ohne auf etwas verzichtet zu haben.Ich besorgte mir also ein Buch von Dr. Lindschinger … Beim Lesen hatte ich jedoch das Gefühl, seine Ernährungslehre nicht wirklich zu verstehen. Also rief ich den Arzt einfach an und sagte ihm direkt, dass ich mehr darüber wissen will. Noch während dieses ersten Gesprächs verabredeten wir, einen neuen Ratgeber zu schreiben.