Sogenannte Bio-Tattoos oder auch "Temporäre Tattoos" sind sehr umstritten – sowohl bei Tätowierern als auch bei Tätowierten. Theoretisch sollen die mit Werkzeugen und Farben der Permanent-Make-up-Technik erzeugten Hautbilder nach einiger Zeit von alleine verblassen oder gar ganz verschwinden. Der Grund: Sie werden nicht so tief gestochen wie herkömmliche Tätowierungen - sagt man. Doch praktisch gelingt es wohl eher selten, die Farben nur in die oberste Hautschicht zu bringen, so dass das Tattoo eben doch für die Ewigkeit ist …
Einer Tätowiererin wurde ihre Flyer-Werbung, dass sich das Bio-Tattoo innerhalb von drei bis sieben Jahren wieder in Nichts auflösen würde, jetzt zum Verhängnis. Selbst als sich die Kundin im Februar 1998 vor dem Stechen des Hautbildes noch einmal vergewisserte, erhielt sie am Messestand von der Fachfrau die Antwort, dass sich die Tätowierung in jedem Fall vollständig verflüchtigen werde, da sie nur in die oberste Hautschicht eingefräst werde und nur Biofarben verwendet würden.
Jetzt verlangte die Frau Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Tätowiererin, weil sich das angebliche Bio-Tattoo – eine stilisierte Sonne um den Bauchnabel herum - entgegen der Ankündigung eben nicht von selbst auflöste, sondern per Laser entfernt werden soll.
Anders als das Landgericht Mannheim, das die Klage wegen Verjährung des Anspruchs abgewiesen hatte, stellte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, an das sich die Klägerin mit ihrer Berufung wandte, fest (OLG-Urteil vom 22.10.2008, 7 U 125/08), dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aufgrund der Anbringung des Bio-Tattoos zu ersetzen.
Die Klägerin hat demnach gegen die beklagte Tätowiererin wegen unerlaubter Handlung einen Anspruch auf Ersatz ihres Schadens gemäß Paragraf 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das Anbringen des Tattoos stellt eine Körperverletzung dar, die rechtswidrig war, heißt es in der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 14. November 2008. Das Bio-Tattoo ist nicht, wie unter anderem auf dem Flyer der Beklagten versprochen, nach drei bis sieben Jahren verschwunden, sondern auch heute, zehn Jahre nach dem Eingriff, noch deutlich sichtbar. Da die Klägerin unstreitig kein dauerhaftes Ornament haben wollte, war ihre Einwilligung in die Körperverletzung auch für die Beklagte erkennbar nicht darauf gerichtet, einer dauerhaften Veränderung ihres Körpers zuzustimmen. Diese ist daher durch die Beklagte rechtswidrig verursacht worden.
Der Anspruch der Klägerin ist demzufolge auch nicht verjährt, schreibt das Gericht weiter. Die Beklagte hatte damit geworben, dass sich das Tattoo in einem Zeitraum von drei bis sieben Jahren in Nichts auflöse. Das war Grundlage der Vereinbarung der Parteien. Diese sieben Jahre waren im Februar 2005 abgelaufen. Die Verjährung konnte nicht vor Ablauf der 7-Jahres-Frist beginnen. Damit war die Einreichung der Klage im Februar 2008 noch rechtzeitig.