Frau Dr. Voigt, heute soll es in unserem Ratgeber um Warzen gehen. Sagen Sie uns bitte als Erstes, was man darunter versteht!
Dr. Dagmar Voigt, Dermatologin in Hamburg: Wir Hautärzte verstehen darunter kleine, scharf begrenzte, in der Regel gutartige Geschwülste der Haut. Sie können leicht erhaben oder flach sein. Als Erreger bekannt sind die low risk Paillomviren aus der Familie der Papillomaviridae.Die Erreger sind Viren? Das heißt doch, dass Warzen ansteckend sind?
Dr. Dagmar Voigt: Ja, genau. Die Infektion erfolgt per Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion über kleinste Verletzungen der Haut und der Schleimhäute. Vom Zeitpunkt der Ansteckung bis zur Bildung der Warzen können jedoch mitunter Wochen bis Monate vergehen.Warzen erscheinen häufig - einzeln oder in Gruppen. Meist entstehen sie an Händen und Füßen. Eine Ausbreitung auf der Haut kann beispielsweise ausgelöst werden, wenn man die Warze aufkratzt. Wegen der daraufhin auftretenden Blutung – das Blut enthält oft infizierte Hautzellen - können sich die Viren weiter auf dem Körper ausbreiten.
Muss man sich vor Warzen fürchten – können sie bösartig sein?
Dr. Dagmar Voigt: Grundsätzlich haben Warzen einen gutartigen Charakter. Allerdings können sie durch eine weitere Ausbreitung auf der Haut kosmetisch erheblich stören und manchmal an bestimmten Stellen starke Schmerzen verursachen. Eine bösartige Entwicklung beobachtet man aber nur extrem selten.Kann jeder Warzen bekommen?
Dr. Dagmar Voigt: Durchaus. Warzen treten in jedem Alter auf. Ob nach einer Infektion mit den entsprechenden Viren jedoch tatsächlich eine Erkrankung auftritt, hängt von der Menge und Virulenz der Erreger und vom Zustand des Immunsystems der betroffenen Person ab.Dass bei Virusinfektionen keineswegs alle Kontaktpersonen ebenfalls erkranken, hat verschiedene Ursachen. So kann durch vorherigen Kontakt mit diesem Virus bereits eine Immunität bestehen, die Virendosis oder Virulenz für einen Krankheitsausbruch zu gering sein oder das Immunsystem in der Lage sein, trotz Infektion Krankheitssymptome zu verhindern. Das nennen wir übrigens apparente Infektion oder stille Feiung, also die Immunisierung ohne Impfung oder Erkrankung.
Bei intaktem Immunsystem und geringer Erregerdosis können Warzen entweder überhaupt nicht erst entstehen, einen weniger schweren Verlauf nehmen oder sich nach einigen Monaten ohne jede Behandlung von selbst zurückbilden.
Das führt uns zur Frage der angemessenen Behandlung von Warzen. Welche Strategie ist effektiv im Kampf gegen hässliche Warzen?
Dr. Dagmar Voigt: Wie eben erwähnt, gelingt es der körpereigenen Immunabwehr einerseits mitunter, die verursachenden Viren abzutöten, so dass sich die Warzen nach einigen Monaten ohne jede Behandlung von selbst zurückbilden, Die Warzen trocknen dann aus, und die Hornbedeckung schleift sich ab. Nach Abheilung ist jedoch die Rezidivrate (Wiederkehrrate - Anmerkung der Redaktion) von Warzen allgemein hoch.Andererseits können Warzen aber auch von Anfang an jahrelang bestehen bleiben oder sich durch Selbstansteckung zusätzlich noch vermehren. In diesem Fall sind die Warzen dann meistens schwer zu behandeln.
Zur Entfernung von Warzen hat der Hautarzt verschiedene Möglichkeiten: Sie lassen sich beispielsweise chirurgisch behandeln.
Sogenannte Dornwarzen, also solche, die tief im Gewebe wurzeln, kann ich mit einem Werkzeug namens scharfer Löffel unter lokaler Betäubung ausschaben. Doch diese Behandlung hat Nachteile: Nach der Ausschabung kann der Patient ziemlich starke Schmerzen haben. Der Eingriff geht zudem oft mit einem erheblichen Blutverlust einher und auch die Heilung dauert mitunter lange. Sie hängt unmittelbar davon ab, wie groß die Warze und wie tief diese verankert war. Hinzu kommt, dass auch die Gewebe an sich für eine unterschiedliche Heilungsdauer sorgen. Außerdem bildet sich meist eine Narbe und abgesehen davon, dass jeder einen Rückfall (Rezidiv) haben kann, können sich bei dieser Behandlung die Viren auch ausbreiten. Das sind alles Gründe, warum der Dermatologe zunächst versucht, weniger invasiv (eingreifend) zu behandeln.
So kann man eine Warze auch mittels der sogenannten Elektrokoagulation beseitigen. Häufig wird diese Behandlung direkt im Anschluss an das eben beschriebene chirurgische Ausschaben angewendet. Nach einer lokalen Betäubung wird die Haut bis zur sogenannten Basalschicht verschmort. Auf diese Weise tötet man die von den Viren infizierten Zellen ab und schließt Rezidivien bis zu 70 Prozent aus. Aber: Eine Behandlung an den Fußsohlen kann zu schmerzenden Narben führen.
Zu den chirurgischen Instrumenten der Warzenbehandlung zählt auch der Laser. Zwei Varianten werden hier angewendet: Mit einem sogenannten CO2-Laser ("Skalpell") wird die Warze herausgeschnitten. Der Laser ersetzt hierbei den oben erwähnten scharfen Löffel. Auch nach dieser Behandlung können heftige Schmerzen sowie Narben auftreten, vor allem an den Fußsohlen.
Eine neuere Behandlungsmethode koaguliert (lässt ausflocken, gerinnen - Anmerkung der Redaktion) dank intensiver Impulse aus einem Farbstofflaser die Blutgefäße der Warzenwucherung und trocknet diese nach und nach aus. Diese Methode ist langwierig und beträgt je nach Größe der Warze oder des Warzenbeetes drei bis fünfzehn oder gar mehr Sitzungen – jeweils im Abstand von zwei Wochen. Außerdem wird diese Behandlung in der Regel als unangenehm bis schmerzhaft empfunden, da die Laserimpulse als Verbrennungsreiz wahrgenommen werden. Vorteil der Methode ist jedoch die nichteingreifende (nichtinvasive) Behandlungsart sowie eine - zumindest nach bisherigen Erfahrungen - sehr geringe Rückfallgefahr. Bei tiefen Dornwarzen an den Fußsohlen hat sich diese Methode allerdings nicht bewährt.
Gibt es weitere Behandlungsmöglichkeiten?
Dr. Dagmar Voigt: Ja, die gibt es. Gerne erläutere ich auch diese kurz:- Bei der Kryotherapie (Vereisung) wird mittels eines Kühlmittels, das meistens aus einem Dimethylether-Propan-Gemisch oder aus flüssigem Stickstoff besteht, welches sich innerhalb kürzester Zeit auf weniger als -50 Grad Celsius abkühlt, versucht, die Warzen zu entfernen. Durch eine ein- bis mehrmalige, kurzzeitige Anwendung in Abhängigkeit vom Durchmesser der Warze wird die oberste Hautschicht abgetötet und infolgedessen mit der Zeit abgestoßen, so dass die Warze nach und nach mit den nachwachsenden Hautschichten herauswächst und schließlich abfällt. Bei dieser Behandlung kann sich manchmal eine Blase bilden. Diese Methode empfiehlt sich vor allem für die Behandlung oberflächlich sitzender Warzen.
- Die Kauterisation ist eine Behandlung, bei der die Gewebezerstörung mittels elektrischen Stroms oder verschiedensten Ätzmitteln wie Trichloressigsäure hervorgerufen wird. Die mildeste Form ist hierbei eine mehrmals tägliche Anwendung eines Hautdesinfektionsmittels wie etwa Sterillium. Stärker wirkende Mittel sind beispielsweise salicylsäurehaltige Präparate. Hier wird die Warze mit Salicylsäure oder auch durch Applikation eines damit getränkten Pflasters behandelt, was zu einer Aufweichung der äußersten Hautschicht führt, welche dann abgetragen wird, so dass die nächst tiefere Hautschicht behandelt werden kann.
- Bei der Behandlung mit Zytostatika kommen Wirkstoffe wie Podophyllin zum Einsatz, allerdings nur zur Bekämpfung der Genitalwarzen (Condylomata acuminata).
- Auch dank einer Stimulation des Immunsystems kann man Warzen den Garaus machen: Ein neuerer Wirkstoff ist Imiqumod, der allerdings nur für die Behandlung von Genitalwarzen zugelassen ist. Diese Substanz stärkt das Immunsystem an der betroffenen Stelle, um den Virus zu vernichten.
Auch eine Therapie mit Cignolin Dithranol (etwa Psoralon) erscheint sehr erfolgversprechend; hier wird die Induktion einer kleinen "Entzündung" ausgenutzt, um das Immunsystem zu stimulieren.
Im gleichen Sinne erzeugt die Behandlung mit wassergefiltertem Infrarotlicht eine Stimulierung des Immunsystems.(kurzwelliger Infrarotbereich zwischen 760 und 1400 Nanometern (nm), als "optisches Fenster" der Haut bezeichnet, der im Gegensatz zu den mittel- und langwelligen Infrarot-Anteilen eine Tiefenwirkung besitzt, ohne die Hautoberfläche thermisch zu belasten). Diese Methode wird als wIRA-Therapie bezeichnet. Eine Vorbehandlung der Warzen mit beispielsweise salicylsäurehaltigem Pflaster und Abtragung der oberen Schichten geht der Sitzung voraus. Dann erfolgt die Bestrahlung mit wassergefiltertem Infrarotlicht. Ein großer Vorteil dieser schmerzarmen Behandlung ist die Tatsache, dass keine Narben zurückbleiben. In Einzelfällen gibt es jedoch auch bei dieser Methode sogenannte Therapieversager, vor allem bei tiefen Warzen an den Fußsohlen.
Aus dem bisher Erwähnten schließe ich: Auch wenn sie alle hässlich sind - Warze ist nicht gleich Warze – oder? Welche Unterschiede gibt es?
Dr. Dagmar Voigt: Stimmt genau. Wir unterscheiden verschiedene Warzentypen:- Vulgäre Warzen (Verrucae vulgares), die auch gewöhnliche Warzen oder Stachelwarzen genannt werden, sind zuerst stecknadel- bis erbsengroße, harte und sich vorwölbende Knötchen, die später verhornen und sich auch beetartig auf der Haut vermehren können. Eine Ausgangswarze kann dann von mehreren kleinen Tochterwarzen umgeben sein. Sie treten vor allem an Händen, Fingern, Nagelrändern und Fußsohlen auf. Vulgäre Warzen werden von dem humanen Papillomvirus (HPV 2) per Kontaktinfektion übertragen.
- Juvenile (plane) Warzen (Verrucae planae juveniles), auch flache Warzen genannt, sind wie der Name schon sagt, flache, runde oder mehreckige Knötchen (1 bis 5 Millimeter) weich, hautfarben bis graugelb oder auch braun. Sie treten hauptsächlich bei Kindern und Jugendlichen und meistens im Gesicht, seltener an Handrücken und Schienbein auf. Sie werden per Schmierinfektion übertragen.
- Fußsohlenwarzen (Verrucae plantares) nennt man auch auch Dornwarzen, Sohlenwarzen oder plantare Warzen. Sie bilden sich an den Zehenunterseiten und den Fußsohlen, wachsen dort dornartig in die Tiefe und sind oft von einer Hornhautschwiele (Clavus) bedeckt. Beim Auftreten können sie durch die Belastung des eigenen Körpergewichts bis an die sehr empfindliche Knochenhaut stoßen und lösen dadurch im Allgemeinen beim Gehen heftige Schmerzen aus. Sie werden per Schmierinfektion übertragen.
- Feigwarzen (Condylomata acuminata) heißen auch Feuchtwarzen, Genitalwarzen oder Spitzwarzen und sind als lokale Variante der Verrucae vulgares zunächst millimetergroße, weißliche oder fleischfarbene Knötchen im Genital- oder Analbereich. Sie werden durch die humanen Papillomviren HPV 6 und HPV 11 per Kontakt- beziehungsweise Schmierinfektion (beim Geschlechtsverkehr) übertragen. Andere Varianten der humanen Papillomviren (HPV 16 und HPV 18) sind auch an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt.
- Dellwarzen (Mollusca contagiosa) sind auch bekannt unter den Namen Epithelioma molluscum oder Epithelioma contagiosum, Mollusken oder Schwimmbadwarzen. Sie gehören eigentlich nicht zu den Warzen, obwohl sie wie diese aussehen. Es sind stecknadelkopf- bis erbsengroße Knötchen mit glatter und oft glänzender Oberfläche. Sie haben meistens in der Mitte eine Delle und treten am ganzen Körper auf, besonders an Armen, Händen, Fingern und Oberkörper. Sie werden per Schmierinfektion oder Kontaktinfektion übertragen.
Frau Dr. Voigt, kann man einer Warzeninfektion wirkungsvoll vorbeugen?
Dr. Dagmar Voigt: Seit 2006 steht ein Impfstoff gegen die Erreger der Feigwarzen zur Verfügung. Dazu muss man wissen, dass 70 Prozent der Zervixkarzinome (Gebärmutterhalskrebserkrankungen) bei Frauen auf eine frühere Feigwarzenerkrankung zurückzuführen sind.Gegen die anderen Warzentypen gibt es weder eine Impfung noch einen anderen allgemeinen Schutz, da die Erreger überall und im Besonderen häufig auf Böden oder in Handtüchern vorkommen. Allerdings lässt sich durch die Einhaltung einfachster hygienischer Regeln das Ansteckungsrisiko vermindern. Insbesondere sollte ein Barfußlaufen (als Betroffener wie auch "Warzenloser") in Schwimmbädern, Saunen oder Sporthallen vermieden werden.