Das Wort Tattoo kommt aus dem Tahitianischen: Es bedeutet "einschlagen, einbringen" und beschreibt die Art und Weise des Färbens der Haut. Was bei einer Tätowierung zu beachten ist, erklärt "Totto" Jeratsch, Hygiene-Experte und Inhaber der Freien Manufaktur Hamburg (Tattoo- und Piercing-Studio).
YaaCool: Totto, wie kamen Sie zum Tattoo?
"Totto" Jeratsch, Inhaber des Tattoo- und Piercing-Studios "Freie Manufaktur" in Hamburg: Ich bin seit über 30 Jahren selbst tätowiert und habe eine gewisse Affinität zum Tattoo. Ich lebte für viele Jahre im Ausland, unter anderem in London - dort ist das Tattoo schon viel länger gesellschaftsfähig - hatte ich viel Kontakt zur Tattoo-Szene. Als ich dann Anfang der 1990er-Jahre wieder nach Deutschland kam, bot sich mir die Möglichkeit, einen Laden zu eröffnen. Wir starteten mit einem für die 90er typischem Shop-in-Shop-Konzept, in dem wir Piercing, Tattoo, selbst geschneiderte Lederklamotten und Stiefel angeboten haben (lacht). Und seit über 15 Jahren etablieren wir unser Tattoo- und Piercing-Studio, die Freie Manufaktur.
Die Freie Manufaktur in Hamburg genießt einen sehr guten Ruf in Sachen Tattoo und Piercing – weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Totto: Das Geheimnis unseres Erfolges liegt in der Qualität unserer Arbeit, sowohl im Bereich der Tattoos, als auch bei den Piercings. Für mich hat Qualität immer etwas mit ständiger Verbesserung zu tun. Wir arbeiten daran, in keinem unserer Bereiche zu stagnieren: Das heißt, unsere Leute werden regelmäßig zu Schulungen und Lehrgängen geschickt, um immer auf dem neuesten Stand der Dinge zu sein. Wir versuchen natürlich auch immer Tattoo-Künstler zu werben, die unseren Horizont erweitern und bereichern. Jeder unserer Künstler hat seine Vorlieben und Bereiche, übrigens auch seine Lieblings-Stilrichtungen.
YaaCool-Tattoo-Video mit "Jabba": Der Tätowier-Künstler zeigt im Video anschaulich, wie ein Tattoo-Motiv entsteht.
Studien haben ergeben, dass der Trend zum Tattoo stetig wächst – nehmen Sie das in Ihrem Studio auch wahr?
Totto: Auf jeden Fall, immer mehr Menschen interessieren sich für dieses Thema und lassen sich auch bei uns im Laden zu Tattoo und Piercing beraten.
Seit Ende der 1990er-Jahre ist das Tattoo in der Gesellschaft angekommen - selbst die deutsche First Lady trägt ein Tribal-Tattoo: Anfangs eher ein Jugendkult zieht sich das Tattoo heute durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten. Wie kommt's?
Totto: Ich würde sagen, dass Ende der 90er das Tragen von Tattoos noch eher was für die Sensationspresse war und, dass Tattoos erst seit circa fünf Jahren immer mehr gesellschaftsfähig geworden sind. Mit TV-Sendungen wie "Miami Inc." wurde das Thema Tattoo plötzlich losgelöst vom Ort des Geschehens präsentiert und den Menschen direkt an die Couch gebracht, damit sind natürlich Berührungsängste gegenüber dem Tattoo abgebaut worden. Die Klischees, mit denen das Tattoo lange Zeit zu kämpfen hatte, verblassen immer mehr. Heute wachsen die Kinder mit "bemalten" Eltern auf, was in meiner Zeit unvorstellbar war. Wenn ich die Arme in einer Bar hochgekrempelt habe, sind die Leute gleich von der Theke weggerückt - Tätowierte waren "die ganz bösen Jungs".
Wer sind heute Ihre Kunden?
Totto: Unsere Kundschaft ist nicht in eine Schublade zu stecken. Der Kunde zieht sich durch sämtliche Bereiche und Gesellschaftschichten – bei Tattoo und Piercing. Aber man muss sagen, dass ein Großteil unserer Kunden junge Menschen sind. Ein wirklich festes Bild von Menschen, die sich tätowieren lassen, gibt es nicht mehr. Das eben bestätigt, dass ein Tattoo für viele schon Teil ihrer Körper-Kultur geworden ist.
Hat sich die Tattoo-Technik in den vergangenen 20 Jahren sehr verändert?
Totto: Klar, die Tattoo-Technik und alles, was dazu gehört, hat sich natürlich weiterentwickelt. Ob das nun vorgelötete Nadeln sind, die man früher selber löten musste, oder die Maschinen. Es gibt heute ganz andere Arten von Tattoo-Maschinen, nicht nur Spulenmaschinen, sondern auch sogenannte Rotarymaschinen. Die Bandbreite der Tattoo-Produkte hat sich einfach dem Markt angepasst. Es gibt mehr Produkte und man kann sich als Tätowierer sein individuelles Handwerkszeug aussuchen, mit dem man dann am besten arbeiten kann.
Welche Tattoo-Motive sind heute Trend?
Totto: Der Tattoo-Trend geht eindeutig zu größeren Tattoo-Motiven. Was früher das kleine Tattoo-Motiv auf dem Po war, ist heute zum Beispiel der komplett tätowierte Oberarm oder ein Tattoo-Motiv, das große Teile des Rückens einnimmt. Viele Menschen wollen jetzt ältere, kleinere Tattoo-Motive vergrößern. Dabei versuchen wir das bestehende Tattoo bestmöglich zu integrieren. Vor einiger Zeit waren die "Arschgeweihe" " in. Der Trend ist leider vorbei, ein gut gemachtes Motiv an dieser Stelle kann meiner Meinung nach unheimlich sexy sein.
Auch der Stern als Tattoo-Motiv hat so langsam ausgedient. Momentan sind vor allem Blumen und asiatische Tattoo-Motive sehr beliebt.
Ist es schon vorgekommen, dass sich jemand bei Ihnen ein in Deutschland illegales Tattoo-Motiv (zum Beispiel ein Symbol wie das Hakenkreuz) stechen lassen wollte? Setzen Sie solche Wünsche um oder schicken Sie Kunden, die ein solches Tattoo-Motiv wollen, nach Hause?
Totto: Verbotene Symbole stechen wir natürlich nicht. Auch nicht, wenn wir der Meinung sind, dass sich ein Mensch mit einem Tattoo vielleicht schaden könnte - also zum Beispiel, wenn ein Banker sich etwas auf die Hand tätowieren lassen möchte, dann raten wir schon davon ab. Denn ein Tattoo zu entfernen, ist nicht mal eben so gemacht.
Gibt es auch Tattoos, mit denen man zum Beispiel unerwünschte Hautveränderungen überdecken kann?
Totto: Prinzipiell ja, aber so etwas muss immer mit einem Facharzt abgesprochen werden. Denn gerade bei verletzter oder beschädigter Haut muss fachärztlich geklärt werden, ob ein Tattoo sinnvoll ist, zum Beispiel im Bereich der Rekonstruktion nach Operationen.
Totto, haben Sie ein konkretes Beispiel parat?
Totto: Was wir schon einmal durchgeführt haben, war die "Rekonstruktion" einer Brustwarze mit Hilfe eines Tattoos. Man kann da schon was machen, bis auf zwei Meter Entfernung konnte man nicht erkennen, ob die Brustwarze echt oder tätowiert war.
Wie alt muss man sein, um sich ein Tattoo stechen zu lassen?
Totto: Unter18 Jahren wird bei uns keiner tätowiert – das ist das Mindestalter.
Wie gehen Sie mit Kunden um, bei denen Sie den Eindruck haben, dass sie ein Tattoo wollen, weil Tattoos gerade Trend sind? Wenn sich zum Beispiel eine18-Jährige unbedingt Blumen auf den Arm tätowieren lassen will, weil das viele ihrer Freunde auch machen lassen haben?
Totto: Wenn hier junge Menschen hereinkommen und Tätowierungen haben wollen, sollte man sie schon einmal mit der Frage konfrontieren, welche berufliche Laufbahn sie noch einschlagen möchten. Denen sollte man ganz klar vor Augen führen, dass einem ein Tattoo an der falschen Stelle auch mal einen Strich durch die Rechnung machen kann. Klar, ein erwachsener Mensch sollte über sein Leben schon entscheiden können. Trotzdem wollen wir jedem Menschen als verantwortungsvolle Tätowierer und auch Piercer eventuelle Nachteile aufzeigen und gemeinsam mit dem Kunden entscheiden, ob es nicht doch eine Alternativ-Lösung gibt. Denn eine Tätowierung soll Freude bringen - und keine Probleme.
Totto, Sie haben es eingangs schon angeschnitten, jetzt nochmal konkret nachgehakt: Welche Ausbildung braucht man als Tätowierer?
Totto: Es gibt leider keine anerkannte Ausbildung zum Tätowierer, es darf sich also jeder als Tätowierer bezeichnen. Heutzutage sind es jedoch oftmals Künstler oder ausgebildete Grafiker, die zur Nadel greifen. Bei uns arbeiten allerdings nur Leute, die eine langjährige Erfahrung in ihren Bereichen haben - und wir bilden regelmäßig weiter: egal, ob Tattoo oder Piercing.
Beim Tattoo kommt Farbe direkt unter die Haut. Man hört oder liest immer wieder von gesundheitsschädlichen Tattoo-Farben. Was hat es damit auf sich und was sollte der Verbraucher zu den Farben wissen (wollen)? Wie garantieren Sie die Unbedenklichkeit der Farben?
Bonn. Verbraucher sollen besser vor möglichen Gesundheitsproblemen - verursacht von Tattoos - geschützt werden. Am 1. Mai 2009 trat deshalb eine neue Tätowiermittel-Verordnung in Kraft. Diesen Artikel lesen
. Die schreibt vor, dass gewisse Inhaltsstoffe nicht mehr in den Farben vorhanden sein dürfen. Dazu gehören Farben, die sich bei Bestrahlung (zum Beispiel Laserbehandlung) aufspalten und zum Teil auch durch körpereigene Enzyme aufgespalten werden und damit krebserregend sein würden. Solche Inhaltsstoffe/Farben sind verboten. Aus diesem Grund sind circa 23 verschiedene Farbpigmente, die zuvor beim Tätowieren verwendet wurden, nicht mehr zugelassen. Die Herstellungsvorgaben sind jetzt härter und werden strenger überwacht. Und: Wer unter Allergien leidet, muss das auf jeden Fall mit dem Tätowierer abstimmen.
Was raten Sie Menschen, die sich ein Tattoo stechen lassen wollen, was sollten sie beachten?
Totto: Das Wichtigste ist, sich das Studio genau anzusehen, in dem man sich tätowieren lassen möchte. Der Tätowierer sollte auf jeden Fall bereit dazu sein, jede Frage ausführlich zu erklären und die Räume oder Geräte zu zeigen. Daran merkt man schon oft, ob das Tattoo-Studio die richtige Wahl ist. Vorsicht ist geboten, wenn der Gesamteindruck schmuddelig ist, das wäre für mich ein Faktor, mir für das Tattoo einen anderen Laden zu suchen. Desweiteren sollte man sich immer Referenzen von dem jeweiligen Tätowierer zeigen lassen. Jeder Tattoo-Künstler hat in der Regel seine Mappe, in der er seine Kunstwerke sammelt. Daran ist zu erkennen, ob der Tätowierer eine gute Arbeit leistet. Ein weiterer guter Orientierungspunkt ist, dass das Studio schon länger existieren sollte und vielleicht hat man sogar Bekannte, die ein Tattoo aus diesem Studio tragen. Da sieht man natürlich am besten, auf was für einem Niveau gearbeitet wird.
Und was ist zu tun, wenn man sein Tattoo wieder loswerden möchte?
Totto: Das ist nicht immer leicht. Bei einem Tattoo bringen wir Farbpigmente unter die Haut, die so groß sind, dass sie vom Körper nicht abgebaut werden können. Also verkapseln sich die Farbpigmente in der Haut. Bei der Tattoo-Entfernung werden diese Farbpigmente mit Hilfe eines Lasers aufgespalten. Das bedeutet, sie werden zerkleinert. Die Laser-Technik zur Entfernung eines Tattoo-Motivs ist mit der einer Mikrowelle vergleichbar: Die Moleküle reiben aneinander, werden in Bewegung gebracht und platzen. Die Farbpigmente werden davon so zerkleinert, dass der Körper sie über das Lymphsystem abbauen kann. Das ist ein sehr langwieriger Prozess. Da stößt man mitunter schon an Grenzen - und gerade mit Farben, die nicht aus dem professionellen Tattoo-Bereich kommen, kann es Probleme bei der Entfernung eines Tattoo-Motivs geben. Deshalb rate ich, für eine Tattoo-Entfernung immer zu einem Facharzt zu gehen.
Dann bieten Sie selbst keine Tattoo-Entfernung an?
Totto: Nein, wie gesagt, Tattoo-Entfernung gehört meiner Meinung nach in die Hand eines ausgebildeten Facharztes. Deshalb bieten wir keine Tattoo-Entfernung an. Das überlassen wir professionellen Dermatologen. Mit der Laser-Entfernung wird sehr viel Schindluder getrieben, da es seit den letzten fünf Jahren möglich ist, dass jeder einen so genannten "Laserschein" machen kann. Der Erwerb dieses Scheins bedeutet aber noch lange nicht, dass man die hochkomplexe Laser-Technik auch beherrscht. Und das muss man, um ein Tattoo-Motiv professionell zu entfernen. Mittlerweile ist es sogar möglich, Lasergeräte billig zu erwerben, und sie somit auch in ein Tattoo-Studio zu integrieren.Ich für meinen Teil sehe das sehr skeptisch, da Tätowierer in der Regel keineswegs ausgebildete Dermatologen sind, geschweige denn Techniker, die Laser-Geräte vernünftig einstellen könnten.
Totto, vielen Dank für die vielen Infos und Tipps zum Thema Tattoos und Tattoo-Motive und dafür, dass wir in der Freien Manufaktur unser YaaCool-Tattoo-Video drehen durften!
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