YaaCool: Dr. Armin Rau, was genau ist eine Schlupfwarze und wie entsteht sie?
Dr. Armin Rau, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Facharzt für Chirurgie, Hamburg: Schlupfwarzen sind Brustwarzen, die nicht nach außen gerichtet sondern nach innen gestülpt sind. Sie kommen durch ein zu kurzes Milchgangsystem zustande. Das heißt, die Relation von Brustgröße und Milchganglänge steht in einem ungünstigen Verhältnis. Man unterscheidet zwischen Schlupfwarzen und Hohlwarzen: Wenn sich die Brustwarze mechanisch noch durch den Druck von Zeigefinger und Daumen etwa zwei bis drei Zentimeter hinter der Brustwarze nach außen drücken lässt, spricht man von einer Schlupfwarze, wenn das nicht mehr möglich ist, dann spricht man von einer Hohlwarze.Wie viele Frauen sind davon betroffen?
Dr. Armin Rau: Es gibt im Wesentlichen keine genauen Daten zu der Verteilung dieses Phänomens in der Bevölkerung. Allerdings sagen Fachleute der Internetsuchmaschinen, dass im deutschsprachigen Raum etwa 100.000 Mal pro Jahr der Begriff "Schlupfwarzenkorrektur" gesucht wird. Und insofern muss man davon ausgehen, dass im deutschsprachigen Raum Frauen in dieser Größenordnung davon betroffen sind.Welche Auswirkungen können Schlupfwarzen konkret haben?
Dr. Armin Rau: Vor allem leidet die Frau psychisch darunter, Schlupfwarzen können aber natürlich auch körperliche Probleme verursachen, zum Beispiel, wenn in dem zurückgezogenen Hautsack Entzündungen entstehen. Sind die immer wiederkehrend, dann ist es ein krankhafter Befund, den es zu operieren gilt.Sind Schlupfwarzen etwas, was man genetisch erbt oder entwickeln sie sich im Laufe der Lebenszeit?
Dr. Armin Rau: In seltenen Fällen kann man eine Schlupfwarze auch im Laufe der Zeit bekommen, sie ist dann also nicht angeboren, und in diesen Fällen muss man der Sache sowieso auf den Grund gehen. Denn hinter einer Schlupfwarze könnte auch eine bösartige Erkrankung wie ein sogenannter Morbus Paget (eine besondere Form von Brustkrebs – Anmerkung der Redaktion) oder ein Karzinom stecken.Treten Schlupfwarzen immer an beiden Brüsten auf oder ist das Phänomen auch "nur" einseitig anzutreffen?
Dr. Armin Rau: Schlupfwarzen treten auch einseitig auf.Dr. Rau, Sie sprechen in Ihrer Praxis mit den betroffenen Frauen: Verursachen Schlupfwarzen Beschwerden?
Dr. Armin Rau: Nein, abgesehen von psychischen Beeinträchtigungen verursacht diese Missbildung der Brustwarze normalerweise keine körperlichen Beschwerden, auch ein gesundheitliches Risiko stellen sie meist nicht dar. Probleme kann es aber beim Stillen eines Babys geben – häufig ist das mit Schlupfwarzen nämlich nicht möglich. In manchen Fällen können spezielle Hütchen aus Silikon, die auf die Warze gesetzt werden, Abhilfe schaffen.Kommen die Frauen mit Schlupfwarzen zu Ihnen, weil sie die Optik stört oder sind es andere Gründe?
Dr. Armin Rau: Der überwiegende Teil der Frauen leidet psychisch sehr unter den kosmetischen Auswirkungen der Schlupfwarzen, was auch häufig dazu führt, dass sie gar keine Partnerschaft eingehen oder sich ihrem Partner gegenüber gar nicht entkleiden mögen. Sie nehmen aber auch an gesellschaftlichen Dingen nicht mehr teil, wie dem Saunieren oder dem Baden, weil sie sich aufgrund der Schlupfwarzen schämen.Können sich Schlupfwarzen von selbst wieder zurückbilden?
Dr. Armin Rau: Schlupfwarzen können sich zurückbilden, wenn sie moderat ausgeprägt sind. Vor allem nach einer Schwangerschaft beziehungsweise nach dem Abstillen, denn durch den Milcheinschuss und durch die Milchproduktion wird nicht nur der Hautmantel gedehnt, sondern auch die Bindegewebsstrukturen einschließlich der Milchgänge. So kann es nach dem Abstillen zu einer ganz normalen Brustwarzenform kommen.Gibt es neben der operativen auch andere Methoden, mit denen man Schlupfwarzen aufrichten kann? Man liest in diesem Zusammenhang oft von Massagen, die helfen sollen.
Dr. Armin Rau: Grundsätzlich sollte man, bevor man eine operative Maßnahme anstrebt, alle konservativen Maßnahmen wie die Massage versuchen. Es gibt auch eine sogenannte "Niplette", das ist ein System, wo die Brustwarze unter Vakuum nach außen gezogen wird. Und nach konsequenter Anwendung über einige Monate kann es dazu kommen, dass die Schlupfwarze dann nach außen gestülpt ist. Das sollte man in jedem Fall einem operativen Eingriff vorschalten, um nicht unnötig die Risiken einer Operation, die immer vorliegen, einzugehen.Wann raten Sie Ihren Patientinnen zu einer Operation?
Dr. Armin Rau: Letzten Endes entscheidet die Patientin, ob sie die Operation durchführen lassen möchte. Grundsätzlich rate ich der Patientin von diesem Eingriff ab, wenn die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, denn die beste Nahrung, die ein Säugling bekommen kann, ist die Muttermilch. Insofern sollte man die Operation dann erst nach Abschluss der Familienplanung durchführen lassen. Nichtsdestotrotz gibt es viele Frauen, die sagen, dass es ohne die Operation beziehungsweise das Ausstülpen der Schlupfwarze, gar nicht zu einer Schwangerschaft kommen würde.Man liest manchmal von Operationsmethoden, die das Stillen anschließend doch noch ermöglichen, was sagen Sie dazu?
Dr. Armin Rau: Diese Operationsmethoden kenne ich so nicht, denn es ist sehr schwierig, bindegewebige Strukturen von Milchgängen selbst unter Lupenbrillen-Vergrößerung zu differenzieren, um damit eine Stillfähigkeit noch garantieren zu können. Wie gesagt, in moderaten Fällen der Schlupfwarzenbildung kann man versuchen, das Drüsengewebe von außen zu mobilisieren, um die Schlupfwarze zu therapieren. Aber im Wesentlichen sollte man der Patientin nicht versprechen, dass die Stillfähigkeit nach einer Operation erhalten bleibt.Wie genau läuft eine Schlupfwarzenoperation ab? (siehe Video)
Dr. Armin Rau: Es sind einige verschiedene Methoden der Schlupfwarzenoperation beschrieben. Die Methode, die ich durchführe, erfolgt mit örtlicher Betäubung. Man macht einen kleinen Schnitt bei "sechs Uhr" an der Basis der Brustwarze und durchtrennt von hier aus sämtliche Milchgänge und die bindegewebigen Strukturen, die die Schlupfwarze zurückhalten. Anschließend wird eine sogenannte Tabaksbeutelnaht angelegt. Das bedeutet, dass man im Abstand von drei bis vier Millimetern mit einem durchsichtigen Faden die Basis der Brustwarze umsticht und diese Naht dann in Höhe der Incision bei sechs Uhr knüpft, um somit ein erneutes Zurückschlüpfen der Brustwarze zu verhindern. Ohne die sogenannte Tabaksbeutelnaht würde sich die Warze auch wieder zurückziehen, denn das Gewebe hat ein sogenanntes Formgedächtnis: Durchtrennt man lediglich die Milchgänge, würde der Erfolg des Eingriffes ausbleiben. Das operative Vorgehen, das im Video gut dokumentiert wird, erkläre ich auch am Modell anschaulich.Wie lange dauert die OP?
Dr. Armin Rau: Für diesen Eingriff veranschlage ich etwa 30 Minuten pro Brustwarze.Sie sagten eben, die Patientin muss dafür nicht in Vollnarkose?
Dr. Armin Rau: Richtig, der Eingriff kann sehr gut in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Zunächst trägt man eine Betäubungscreme auf, damit der Einstich der örtlichen Betäubung nicht schmerzhaft ist und, falls die Patientin etwas nervös ist, kann sie auch ein Beruhigungsmittel verabreicht bekommen - aber eine Vollnarkose ist dafür nicht notwendig.Welche Nebenwirkungen können nach der Operation auftreten?
Dr. Armin Rau: Wie bei allen anderen Operationen bestehen auch hier sämtliche Risiken für Komplikationen: Infektionen, es kann zu einer Nachblutung und im allerschlimmsten Fall auch einmal zum Absterben der Brustwarze kommen, wenn die Einstiche der Tabaksbeutelnaht zu eng gewählt werden, so dass die Durchblutung der Brustwarze gestört ist.Was sollte eine Frau beachten, bevor sie sich für eine Operation entscheidet - außer der abgeschlossenen Familienplanung?
Dr. Armin Rau: In jedem Fall sollte man vielleicht eine Zweit- oder auch Drittmeinung eines Facharztes einholen und sicher gehen, dass der Operateur, dem man sich anvertraut, auch eine entsprechende Ausbildung in diesem Bereich durchlaufen hat. Und letzten Endes kann man dann im persönlichen Gespräch entscheiden, ob man Vertrauen zu dem Operateur fassen kann oder eben nicht.Welche spezielle Qualifikation benötigt der Operateur für diesen Eingriff?
Dr. Armin Rau: Der Operateur sollte Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie sein. Das bedeutet, dass er auch im Bereich der Brustchirurgie sehr erfahren ist. Das sollten die Voraussetzungen für die Operation im Wesentlichen sein.Wie viele Schlupfwarzen haben Sie schon aufgerichtet?
Dr. Armin Rau: Die genaue Fallzahl habe ich nicht parat, sie bewegt sich aber im hohen dreistelligen Bereich.Was kostet eine Schlupfwarzen-Operation?
Dr. Armin Rau: Die Operation wird meiner Kenntnis nach zwischen 1.000 und 1.500 Euro pro Seite abgerechnet, eine beidseitige Schlupfwarzenoperation beläuft sich auf etwa 2.000 Euro.Werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen?
Dr. Armin Rau: Grundsätzlich ist es so, dass die Krankenkassen die Kosten für eine Operation übernehmen, wenn eine körperliche Erkrankung vorliegt. Das heißt, wenn lediglich die Psyche das Problem darstellt, ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen die Kosten nicht tragen. Sollte aber zum Beispiel eine immer wiederkehrende Entzündung vorhanden sein, dann sollten die Kosten auch von den Kassen übernommen werden.Ist es garantiert, dass nach dem Eingriff die Brustwarze für immer aufrecht bleibt oder kann sie im Laufe der Zeit wieder verschwinden?
Dr. Armin Rau: Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass der Eingriff eine dauerhafte Lösung darstellt. Es gibt natürlich auch hier in seltenen Fällen die Möglichkeit, dass es zu einem Zurückschlupfen kommt. Das Nahtmaterial, das man verwendet, ist auflösbar. Das bedeutet, dass nach etwa acht Monaten diese Substanz nicht mehr vorhanden ist, aber grundsätzlich ist in der Zeit die Wunde so vernarbt, dass ein Zurückschlupfen dadurch verhindert wird.Dr. Rau, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch und für die Öffnung Ihres Operationssaals für den Videodreh mit YaaCool!
Zur Person: Dr. med. Armin Rau
Dr. med. Armin Rau ist Facharzt für Chirurgie und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Er ist Mitglied anerkannter Fachgesellschaften (siehe Liste unten). Die Schwerpunkte des Hamburgers sind Brustchirurgie, Fettchirurgie und Faltenbehandlung sowie die Kopf- und Gesichtschirurgie.Dr. Rau praktiziert in eigener Praxis in Hamburg-Eppendorf und ist zudem Kooperationspartner des Brustzentrums Alsterquelle. Dort ist er insbesondere für die Behandlung der weiblichen Brust nach Krebserkrankungen verantwortlich. Er führt auf höchstem Niveau Wiederaufbauplastiken der Brust durch, bei denen diese mittels mikrochirurgischen Eigengewebstransplantaten (sogenannten DIEP-Flaps) rekonstruiert wird.
Dr. Rau verfügt auf Grund seiner 16-jährigen klinischen Arbeit über die Erfahrung mehrerer tausend Operationen. Die aktive Teilnahme an internationalen und nationalen Fachkongressen, die Organisation und Durchführung eigener Lehrveranstaltungen/Vorträge und seine kontinuierlichen weltweiten Hospitationen bei renommierten Kollegen tragen zur Sicherung höchster internationaler Standards von Behandlungs- und Operationstechniken bei.
Mitgliedschaften:
- DGPRÄC – Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirugie
- Deutsche Gesellschaft für Senologie (Brusterkrankungen)
- ASPS – American Society of Plastic Surgery
- Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V.