Die eigentliche Macht im weltweiten Modeimperium gehört nicht etwa den Modeschöpfern selbst oder den Verbrauchern - sondern einigen wenigen Modekritikern. Als die einflussreichste unter ihnen gilt, neben der Chefin der amerikanischen "Vogue" Anna Wintour, die Engländerin Suzy Menkes, Modechefin bei der in Paris erscheinenden Zeitung "International Herald Tribune".
Warum Designer die berühmte Modekritikerin fürchten
Suzy Menkes ist seit 40 Jahren im Modejournalismus tätig und sieht im Jahr beinahe 600 Schauen in New York, London, Paris, Florenz und Mailand. Von den Designern wird sie gefürchtet und verehrt zugleich. Man sagt ihr nach, sie habe die Macht, einem Designer zum Erfolg zu verhelfen oder ihn zu vernichten: "She makes or breaks a designer". Menkes selbst soll Berichten zufolge diese Einschätzung für falsch halten - doch die Macht der Modekritikerin ist unumstritten: Bevor die 66-Jährige mit der ausgefallenen Haartolle nicht im Publikum sitzt, beginnt keine Modenschau, heißt es. Designer werten ihre Abwesenheit als schlechtes Omen.Ihre Karriere begann Suzy Menkes in den 1970er-Jahren, in einer Zeit des modischen Umbruchs. Die Modewelt befand sich damals in einer Krise, denn kaum einer war noch an den Luxuskollektionen für Damen höherer Gesellschaftsschichten interessiert. Junge Designer aus Italien und Amerika revolutionierten die Modewelt mit einem neuen Stil und frischen Ideen.
Mode als gesellschaftliche Ausdrucksform
Auch Suzy Menkes sorgte damals für einen Wandel in der Modebranche: Sie brach mit elitären Konventionen und schrieb über Mode in einem natürlichen und verständlichen Stil. Denn für die Engländerin ist Mode nicht der Elite vorbehalten, sondern vielmehr Ausdruck eines Zeitgeists in der Gesellschaft. So zeige zum Beispiel die maskuline, kastig wirkende Kleidung der 1940er-Jahre, dass Frauen die Rollen der Männer übernommen hatten, denn diese waren im Krieg. Die breiten Schultern der 1980er-Jahre dagegen seien ein Zeichen dafür, dass Frauen eigene Karrieren verfolgten.Doch welche Modeerscheinungen gefallen der allmächtigen Kritikerin? "Ich urteile niemals nach meinem eigenen Geschmack. Ich versuche, der Kollektion gerecht zu werden", sagt Suzy Menkes gegenüber der "Zeit". Ein guter Designer müsse ein Thema haben, wissen, was er wolle und die Zeit, in der er lebt, verstehen können.
Das Internet revolutioniert auch die Modebranche
Suzy Menkes zufolge steht der Modebranche auch heute wieder ein Umbruch bevor. Einen großen Einfluss hat zum Beispiel das Internet: Früher war es den Modejournalisten vorbehalten, eine Kollektion zu bewerten - heute sind die Bilder der neuesten Schöpfungen dank Internet und Digitalkamera sofort allen zugänglich. Modeketten wie H&M, Mango oder Zara kopieren die Vorbilder vom Laufsteg in Rekordzeit und verkaufen die Modelle zu günstigen Preisen als Massenware. Jeder kann sich inzwischen über das Internet die neuen Kollektionen ansehen und in Mode-Blogs darüber schreiben – ein Bewertungsmonopol existiert nicht mehr. Dadurch entgleitet den großen Modemarken zunehmend die Kontrolle über ihr Bild in der Öffentlichkeit.Ob diese Entwicklungen jedoch den großen Einfluss von Modekritikern wie Suzy Menkes tatsächlich schmälern werden, bleibt abzuwarten.