Die Vermutung, dass Süßstoff dick macht, wurde schon öfter geäußert. Inzwischen konnten Psychologen der Purdue Universität im US-Staat Indiana es beweisen: Für ihre Studie (veröffentlicht im Fachmagazin "Behavioral Neuroscience") teilten sie Ratten in zwei Versuchsgruppen ein: Die erste fütterten sie mit Joghurt, der mit normalem Zucker, also Glukose, gesüßt war. Bei der zweiten Testgruppe mengten sie dem Milchprodukt Saccharin bei. Die Tiere, die diesen kalorienarmen Süßstoff zu sich genommen hatten, fraßen danach mehr als ihre Artgenossen, bauten Fettzellen auf und nahmen an Gewicht zu. Außerdem neigten sie zu Bewegungsträgheit.
Den Grund dafür sehen die Forscher in einem Gehirnmechanismus, der die Nahrungsaufnahme kontrolliert. Der süße Geschmack des Zuckers bereitet den Körper normalerweise darauf vor, dass eine größere Menge kalorienhaltiger Nahrung folgt. Der Körper setzt also physiologische Prozesse in Gang, um die Nährstoffe verarbeiten zu können. Bleibt der erwartete Energieschub aus, ist der Organismus verwirrt. Das Gehirn reagiert mit dem Signal Heißhunger.
Die Ergebnisse des Tierversuchs lassen sich vermutlich auch auf den Menschen übertragen. Das würde zumindest erklären, warum besonders die US-Amerikaner mit Übergewicht und Fettleibigkeit zu kämpfen haben. Sie setzen bei Diäten besonders auf sogenannte Light-Produkte, die häufig Süßstoff enthalten, ändern ihre Ernährung und Gewohnheiten jedoch sonst kaum. Während 1987 noch 70 Millionen US-Bürger künstlich gesüßte Produkte vorzogen, stieg die Zahl im Jahr 2000 auf mehr als das Doppelte an, etwa 160 Millionen, sagen Experten. Diese scheinbar ernährungsbewusste Haltung wirkt sich jedoch kontraproduktiv aus: Der Süßstoff täuscht Kalorien vor und verwirrt den natürlichen Mechanismus der Energieregulierung. In der Folge nehmen wir häufig mehr Nahrung zu uns als ohne Diätprodukte. Süßstoff verhindert demnach nicht nur das Abnehmen, sondern begünstigt sogar Übergewicht!
Die Folgen können dramatisch sein: Nach einer Prognose der US-Behörde für Gesundheits- und Qualitätsforschung in New York wird im Jahr 2048 jeder US-Amerikaner Übergewicht haben, wenn sich die Entwicklungen der letzten 30 Jahre unverändert fortsetzen.
Zu der physiologischen Erklärung kommt noch ein bekanntes, psychologisches Phänomen hinzu: Diätprodukte verleiten uns zu der Annahme, wir könnten ohne schlechtes Gewissen richtig zuschlagen. Meist nehmen wir so mehr Kalorien zu uns als durch maßvolles Essen vollwertiger Nahrung.
Die Psychologen der Purdue Universität raten deshalb zum guten alten Kalorienzählen. Anstatt sich nur auf Diätprodukte zu verlassen, sollte man lieber zu gesunder, vollwertiger Kost greifen und einfach die Zahl der Nahrungsmittel erhöhen, die von Natur aus wenig Kalorien haben: Obst und Gemüse zum Beispiel.