In Nanogröße (höchstens 100 Nanometer, 1 Nanometer = 0,000 000 001 Meter) entwickeln Stoffe teilweise völlig andere Eigenschaften als bisher bekannt. Weiche Stoffe sind auf einmal hart, undurchsichtige plötzlich durchsichtig. Außerdem können Nanopartikel aufgrund ihrer Winzigkeit besser vom Körper aufgenommen werden als größere. Auf welchen Gebieten der Medizin Nanopartikel bereits eingesetzt werden und welche Chancen sie bieten, lesen Sie hier zusammengefasst.
Eines der möglichen Einsatzgebiete für Nanopartikel ist der Transportdienst: Von Nanopartikeln eingeschlossene Medikamente will man an ihren Einsatzort innerhalb des menschlichen Körpers transportieren. Die Winzlinge sollen dazu so gebaut werden, dass sie Wirkstoffe durch den Köper bringen, um sie gezielt zu einer gewünschten Zeit an ihrem Bestimmungsort freizusetzen. Heute weiß man bereits, dass Zellen Oberflächenrezeptoren haben, die nur Stoffe mit der wiederum passenden Oberfläche aufnehmen. Durch die Beschichtung des jeweiligen Wirkstoffs mit Nanopartikeln der passenden Oberflächenstruktur wäre es demnach möglich, dass diese nur von dem gewünschten Zellgewebe erkannt und "hereingelassen" werden. Ziel ist es, nur das betroffene Gewebe dem Medikament auszusetzen.
Auf diese Weise sollen auch Nebenwirkungen und eine Zersetzung der Medikamente auf ihrem Weg durch den Körper (zum Beispiel durch Magensäure) vermieden werden. Problematisch ist auch, dass viele Medikamente in Blut oder Wasser nicht löslich sind. Mit Hilfe der kleinen Teilchen könnte auch dafür vielleicht eine Lösung gefunden werden. Chancen und Risiken birgt die Fähigkeit der Partikel, besser in den Körper eindringen und sogar die schwer zu passierende Blut-Hirn-Schranke überwinden zu können, allemal.
In der Krebstherapie (Hyperthermie) werden magnetische Eisenoxidpartikel in die Tumore gebracht, durch ein von außen angelegtes Magnetfeld zum Vibirieren gebracht und so erwärmt. Infolge dieser Prozedur stirbt der Tumor ab. Außerdem tragen die Nanopartikel Antikrebswirkstoffe in sich, die bei diesem Verfahren gleichzeitig direkt in den Tumor gelangen. An dieser Krebstherapie forschen unter anderem die Berliner Charité, wo das Verfahren an ausgewählten Patienten getestet wird, und das Leibnitz-Institut für neue Materialien in Saarbrücken.
Auch das Wachstum künstlicher Knochen soll mit Hilfe von Nanopartikeln möglich werden. Ein aus Hydroxylapatit bestehendes Knochenersatzmaterial aus Nanopartikeln kann im Körper neue Knochen bilden, heißt es. Beschichtungen mit Nanopartikeln könnten eventuell auch dabei helfen, die Verträglichkeit der Implantate zu verbessern und das Abstoßungsrisiko zu verringern.
Die Medizin erforscht darüber hinaus die Einsatzmöglichkeiten von Nanopartikeln bei der Bekämpfung von Aids und Erbkrankheiten. So soll zum Beispiel versucht werden, mit Hilfe von Nanopartikeln gezielt Gene in Zellen zu bringen.
In der Diagnostik kann die Nanotechnologie ebenfalls wertvolle Dienste leisten. Die kleinen Verbindungen sind in der Lage, mit fluoreszierenden Stoffen ausgestattet, erkranktes Gewebe zu kennzeichnen, indem sie sich daran binden. So soll es unter anderem möglich werden, zum Beispiel die Vorboten eines Herzinfarktes (Veränderungen der Gefäßwände, die akute Gefäßverschlüsse auslösen können) möglichst früh zu erkennen. An diesem Thema forschen mit etwas anderer Zielsetzung in Zusammenarbeit mit dem europäischen Netzwerk NASCENT (Nanomaterialien für den Einsatz in Sensoren, Katalysatoren und neuen Technologien) unter anderem Physiker und Chemiker der Universität Jena unter der Leitung von Projektleiter Dr. Gerhard Mohr. Sie wollen es ermöglichen, im Rahmen von medizinischer oder pharmakologischer Forschung die Wirkung von Medikamenten in einzelnen Zellen, außerhalb von Menschen oder Tieren zu untersuchen. Möglicherweise könnte diese Analysetechnik auch bei der Entwicklung von Sensoren genutzt werden, die man zur Lebensmittelkontrolle oder dem Aufspüren von Kampfstoffen einzusetzen.