YaaCool: Dr. Armin Rau, was genau ist die DIEP-Flap-Methode?
Dr. Armin Rau, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Facharzt für Chirurgie, Hamburg: DIEP-Flap steht für "Deep inferior epigastric artery perforator flap", was übersetzt so viel bedeutet wie "an den tiefen Bauchgefäßen gestielter freier Haut-/ Unterhautfettlappen aus dem Unterbauch". Kurz gesagt: Bei diesem Eingriff wird der Patientin ein rundliches Haut-Fettgewebs-Transplantat mit Blutgefäßen aus dem Bauch entnommen und anschließend zur Brust geformt.Das hört sich sehr kompliziert an!
Dr. Armin Rau: Das hört sich nicht nur kompliziert an, es ist auch kompliziert. Denn um die Brust mittels Eigengewebe wiederaufzubauen, müssen natürlich auch die Blutgefäße im Bereich der Brust mit dem entnommenen Gewebe verbunden werden, damit die neue Brust optimal versorgt wird und nicht abstirbt. Um das zu gewährleisten, werden in mikrochirurgischer Feinstarbeit kleinste Blutgefäße miteinander verbunden und mit ganz feinen Nähten an Blutgefäße der Brustwand angeschlossen. So wird das Gewebe ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt.Können Sie den DIEP-Flap-Eingriff bitte noch anschaulicher erläutern – wie muss man sich die OP konkret vorstellen?
Dr. Armin Rau: Bei dem Eingriff wird ein Anteil an Haut- und Unterhautfett zwischen Nabel und Schamhügel entnommen. Dann wird der kopfwärts gerichtete Wundrand spannungsfrei verschlossen. Der Nabel verbleibt dabei an seiner Basis und wird lediglich wieder in die Bauchdecke eingenäht. Vereinfacht kann man sagen, dass der erste Schritt des DIEP-Flaps einer Bauchdeckenplastik gleicht. Das Gewebe, das bei der Bauchdeckenplastik verworfen wird, nutzt man dann allerdings beim DIEP-Flap für die Brustrekonstruktion.Ist für die OP eine Vollnarkose erforderlich?
Dr. Armin Rau: Ja.Entstehen große Narben am Bauch?
Dr. Armin Rau: Es entstehen dieselben Narben wie bei der kosmetischen Bauchdeckenplastik – eine in Bikinihöschenhöhe quer verlaufende Narbe am Unterbauch und Narben um den neu eingenähten Bauchnabel herum.Und kommt es an der Brust ebenfalls zu Narben?
Dr. Armin Rau: Um die Brust herum entsteht eine spindelförmige Narbe, wobei der untere Anteil in der neuen Unterbrustfalte zu liegen kommt und somit nur oberhalb der neuen Brust eine querverlaufende Narbe sichtbar wird.Wenn die Brust geformt ist, hat sie zunächst weder Brustwarze noch Warzenhof. Wie werden diese rekonstruiert?
Dr. Armin Rau: Wenn die Brust entfernt wurde, muss für den DIEP-Flap auch Haut transplantiert werden. Die Warze wird dann mit einem so genannten "Star-Flap" – einem kleeblattförmigen Läppchen aus einem Teil dieser Bauchhaut - geformt. Der Warzenhof wird in einem zweiten Schritt rekonstruiert. Dafür entnimmt man Haut zum Beispiel aus den Oberlidern, da diese sehr fein ist. Hierbei bekommt die Patientin eine Oberlidplastik (Operativer Eingriff zur Beseitigung von Schlupflidern - Anmerkung der Redaktion).Rekonstruieren Sie Warze und Warzenhof gleich bei der Wiederaufbauplastik-OP mit?
Dr. Armin Rau: Nein. Wenn die Brust rekonstruiert wurde, muss sie sich erst aushängen und das kann zwei bis drei Monate dauern. Anschließend kann man die Brustwarze und den Warzenhof so rekonstruieren, dass man ein optimales Ergebnis erhält.Wie lange dauert der DIEP-Flap-Eingriff in der Regel?
Dr. Armin Rau: Die Operation dauert circa sechs Stunden.Wieviel Zeit braucht es, bis die Patientin nach dem Eingriff wieder genesen ist?
Dr. Armin Rau: Der Krankenhausaufenthalt dauert zwischen 6 bis 10 Tagen. Nach drei bis sechs Wochen sind die meisten Patientinnen wieder vollständig belastbar.Mit welchen Maßnahmen muss eine Frau nach der OP rechnen? Gibt es spezielle Verbände?
Dr. Armin Rau: Nein, Verbände würden kontraproduktiv wirken, da die neue Brust keinem permanenten äußerlichen Druck ausgesetzt werden soll. Wir benutzen lediglich Silikonpflaster und versorgen die Wundränder anschließend für sechs Wochen mit Papierpflaster. Das stabilisiert die Wundränder und hilft bei optimaler Narbenbildung.Was kann eine Patientin nach der OP tun, damit die Narben möglichst unscheinbar werden?
Dr. Armin Rau: Wenn die Wundheilung abgeschlossen ist, dann können die Narben zum Beispiel mit pflegenden Ölen (wie Calendula = Ringelblumensalbe) massiert werden.Kann die DIEP-Flap-Methode bei jeder Frau durchgeführt werden?
Dr. Armin Rau: Im Prinzip ja, ich rate aber Frauen mit schweren Nebenerkrankungen wie einer langjährigen Diabetes oder ausgeprägten Herz-Kreislauf-Problemen von diesem Eingriff ab.Wie lange gibt es die DIEP-Flap-Methode schon und seit wann wird sie in Deutschland praktiziert?
Dr. Armin Rau: Die Methode wurde in Japan entwickelt und das erste Mal 1989 von Koshima beschrieben. In Deutschland wurde sie 1996 erstmalig durchgeführt und seitdem kontinuierlich durch wenige deutsche Chirurgen weiterentwickelt und optimiert. Weltweit stellt sie noch immer eine Rarität dar und wird selbst in den USA lediglich an wenigen Kliniken angeboten.Seit wann verhelfen Sie mit der DIEP-Flap-Methode Frauen zu einer neuen Brust?
Dr. Armin Rau: Seit acht Jahren führe ich diesen Brusaufbau kontinuierlich durch.Was ist der Vorteil dieser Brustrekonstruktion im Vergleich zum Einsatz eines Implantats?
Dr. Armin Rau: Diese mikrochirurgische Technik ermöglicht das beste ästhetische Ergebnis, ohne die Notwendigkeit lebenslanger Re-OPs wie der Einsatz von Implantaten. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass bei der DIEP-Flap-Operation Hautfettgewebe aus dem Bauch entnommen wird, das macht den Bauch flacher und strafft die Bauchdecke.Kann man mit einer mittels DIEP-Flap rekonstruierten Brust stillen?
Dr. Armin Rau: Stillen ist mit der rekonstruierten Brust nicht möglich, da nur Fettgewebe aus dem Bauch transplantiert wird und kein Brustdrüsengewebe. Das Stillvermögen der gesunden Brust wird von dem DIEP-Flap allerdings nicht beeinträchtigt.Ist es möglich, für diese Art der Brustrekonstruktion auch Eigengewebe aus anderen Körperarealen zu entnehmen?
Dr. Armin Rau: Ja, man kann dafür ebenfalls Gewebe aus dem Gesäß (S-GAP oder I-GAP) oder aus dem Oberschenkel (Gracilis-perforator Lappen) entnehmen. Beim Lado (latissimus dorsi flap) wird ein Haut-Unterhautfett-Muskellappen aus dem Rücken genutzt. Dieser muss häufig mit einem Silikonimplantat kombiniert werden.Welche Methode bevorzugen Sie?
Dr. Armin Rau: Wenn es möglich ist, nutze ich grundsätzlich die DIEP-Flap-Methode zur Brustrekonstruktion, da hier lediglich Haut und Unterhautfettgewebe entnommen wird, ohne dabei Muskelgewebe zu opfern wie beim TRAM oder dem eben erwähnten Latissimus-dorsi-Flap.Was raten Sie Frauen, die auf Grund einer Brustkrebserkrankung eine Brust verloren haben und sich für eine Wiederherstellung der Brust entscheiden?
Dr. Armin Rau: Ich rate den Patientinnen, dass sie den Eingriff von einem erfahrenen Operateur durchführen lassen sollten, da bei einer solchen OP auch das Komplikationsmanagement gewährleistet sein muss. Außerdem sollte die Frau eine umfangreiche Aufklärung erhalten, bei der sie über alle Möglichkeiten des Wiederaufbaus und auch über die Vor- und Nachteile kritisch informiert wird. Nur so kann sie eigenständig entscheiden, welche Lösung für sie individuell in Frage kommt.Werden die Kosten für einen DIEP-Flap von der Krankenkasse übernommen?
Dr. Armin Rau: Die Kosten werden grundsätzlich von den Krankenkassen übernommen – sowohl von gesetzlichen wie auch privaten.Sehr geehrter Dr. Rau, wir bedanken uns herzlich für die ausführlichen Informationen!
Zur Person: Dr. med. Armin Rau
Dr. med. Armin Rau ist Facharzt für Chirurgie und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Dr. Rau ist Mitglied anerkannter Fachgesellschaften (siehe Liste unten). Die Schwerpunkte des Hamburgers sind Brustchirurgie, Fettchirurgie und Faltenbehandlung sowie die Kopf- und Gesichtschirurgie.Dr. Rau praktiziert in eigener Praxis in Hamburg-Eppendorf und ist zudem Kooperationspartner des Brustzentrums Alsterquelle. Dort ist er insbesondere für die Behandlung der weiblichen Brust nach Krebserkrankungen verantwortlich. Er führt auf höchstem Niveau Wiederaufbauplastiken der Brust durch, bei denen diese mittels mikrochirurgischer Eigengewebstransplantate (sogenannte DIEP-Flaps) rekonstruiert wird.
Dr. Rau verfügt auf Grund seiner 16-jährigen klinischen Arbeit über die Erfahrung mehrerer tausend Operationen. Die aktive Teilnahme an internationalen und nationalen Fachkongressen, die Organisation und Durchführung eigener Lehrveranstaltungen/Vorträge und seine kontinuierlichen weltweiten Hospitationen bei renommierten Kollegen tragen zur Sicherung höchster internationaler Standards von Behandlungs- und Operationstechniken bei.
Mitgliedschaften:
- DGPRÄC – Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirugie
- Deutsche Gesellschaft für Senologie (Brusterkrankungen)
- ASPS – American Society of Plastic Surgery
- Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V.