Menschen, deren Körper übermäßig viel Schweiß produziert, leiden meist unter Hyperhidrose. Unabhängig von äußeren Faktoren wie Wettereinflüsse oder körperlicher Belastung sind sie permanent in Schweiß gebadet.
YaaCool sprach mit Dr. Andreas Voigt, Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Plastische Operationen, darüber, wie Hyperhidrose-Patienten geholfen werden kann.
YaaCool: Dr. Voigt, wie viele Menschen leiden unter übermäßigem Schweißfluss?
Dr. Andreas Voigt, Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Plastische Operationen: Allein in Deutschland leiden fast zwei Millionen Menschen unter Hyperhidrose, der krankhaften Form des Schwitzens. Schwitzen ist eigentlich eine lebenswichtige Funktion für unseren Körper, da es zur Regelung der Körpertemperatur unabdingbar ist. Bei Hyperhidrose-Patienten ist dieser natürliche Prozess allerdings gestört und der Schweißfluss wird nicht mehr nur von äußeren Faktoren wie Hitze oder körperlicher Belastung beeinflusst.
Das folgende Video (Quelle: YouTube) dokumentiert das Leiden eines Hyperhidrose-Patienten:
Menschen können unterschiedlich stark schwitzen, wann spricht man von Hyperhidrose?
Dr. Voigt: Für die Diagnose gibt es unterschiedliche Aspekte, denn für manche Menschen bedeutet übermäßiges Schwitzen mehr Beeinträchtigung ihres Lebensgefühls als für andere. In der Wissenschaft wird von Hyperhidrose gesprochen, wenn 100 Milligramm Schweiß binnen fünf Minuten zum Beispiel in der Achselhöhle gemessen werden.
Ist von der Hyperhidrose der ganze Körper betroffen oder kann das Schwitzen auch nur lokal auftreten - wie zum Beispiel an den Händen oder Füßen?
Dr. Voigt: Die Hyperhidrose tritt sogar hauptsächlich lokal auf. Die meisten Menschen schwitzen zu stark an den Handflächen, den Fußsohlen oder in den Achselhöhlen. Nur rund zehn Prozent sind am Kopf oder Rumpf davon betroffen. Wer unter einer generalisierten Hyperhidrose leidet, der schwitzt am ganzen Körper ungewöhnlich stark.
Welche Ursachen kann es dafür geben, dass der Schweiß im Überfluss läuft?
Dr. Voigt: Bei der generalisierten Hyperhidrose können unterschiedliche Hormonstörungen oder auch Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes mellitus oder chronische Infekte die Auslöser sein. Für die übermäßige örtlich begrenzte Schweißbildung an Handflächen, Fußsohlen, Stirn oder in den Achselhöhlen sind die Ursachen in den meisten Fällen jedoch noch nicht genügend erforscht. Ich rate bei einer generell gesteigerten Schweißbildung immer dazu, die Ursache unbedingt durch einen Facharzt abklären zu lassen.
Welche Folgen kann eine Hyperhidrose mit sich bringen?
Dr. Voigt: Übermäßiges Schwitzen stellt für die meisten Betroffenen zunächst ein ästhetisches Problem dar: Schweißränder an der Kleidung und die Angst, unangenehm aufzufallen oder zu riechen, sorgen für starke Verunsicherung und können sogar soziale Kontakte einschränken. Zudem kann es infolge der Hyperhidrose zu einer partiellen Überbesiedelung der Haut mit bestimmten Bakterien kommen, die dann den unangenehmen Schweißgeruch verursachen.
Welche Behandlungsmethoden gibt es, um den Schweiß zu stoppen?
Dr. Voigt: Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten, die aber letztendlich nur die Symptomatik bekämpfen können. Dazu gehören zum Beispiel Aluminiumchlorid-Behandlungen oder die mit Hexamethylentetramin. Diese Stoffe funktionieren nach einem ähnlichen Grundprinzip: Vereinfacht dargestellt sollen sie die Schweißporen verstopfen und dadurch den Schweißfluss mindern. Die Erfolgsquote ist jedoch gering. Ähnlich verhält es sich bei der Anwendung von Botox
Botox ist das Nervengift Botulinumtoxin. Es entstammt der Natur und wird von dem Bakterium Clostridium Botulinum erzeugt. mehr
. Das Nervengift lähmt die Drüsen lediglich für eine kurze Zeit, deshalb muss die Behandlung häufig wiederholt werden. Ich empfehle meinen Patienten aus diesem Grund, die Schweißdrüsen zu deaktivieren oder ganz entfernen zu lassen. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sich hierfür ganz besonders die Wasserstrahl-assistierte Schweißdrüsenabsaugung eignet, denn sie bietet eine langfristige Lösung.
Was genau ist die Wasserstrahl-assistierte Schweißdrüsenabsaugung und wie funktioniert sie?
Dr. Voigt: Zur Behandlung des übermäßigen Schwitzens, besonders in den Achselhöhlen, wurde die wasserstrahl-assistierte Schweißdrüsenabsaugung entwickelt. Dabei werden die Schweißdrüsen unter örtlicher Betäubung mit einer feinen Kürette aus dem Gewebe herausgeschabt. Mit dieser Technik ist die effektive Entfernung der Drüsen unter Schonung der Umgebungsstrukturen möglich, denn mit gezieltem Einsatz eines Wasserstrahls kann die Haut
Die Haut (griech. Derma, lat. Cutis) ist mit einer Gesamtfläche von ca. zwei Quadratmetern das größte menschliche Organ. mehr
besonders gleichmäßig und schonend vom umliegenden Gewebe gelöst werden. Somit werden die Schweißdrüsen freigelegt, ohne Blutungen zu verursachen oder angrenzende Nerven zu verletzen. Diese Vorgehensweise erleichtert zugleich das anschließende Ausschaben der Drüsen mit einer feinen Kürette. Der Eingriff dauert circa eine Stunde und die Erfolgsquote der Behandlung liegt bei nahezu 90 Prozent.
Welche Nebenwirkungen können dabei auftreten?
Dr. Voigt: Da die Behandlung komplett schmerzfrei und nahezu ohne Blutung erfolgt, sind auch Nebenwirkungen sehr selten. Nach der Absaugung muss der Patient lediglich für ein paar Tage einen kleinen Kompressionsverband tragen, damit die kleinen Einstiche komplikationslos verheilen können. Zu den normalen Nebenwirkungen gehören Hämatome, vorübergehende Herabsetzung der Sensibilität, leichte Schmerzen und geringe Schwellungen. In den seltensten Fällen treten Komplikationen wie Nachblutung oder Infektion der Einstichstelle sowie übermäßige Narben
Narbe (lat. Cicatrix) heißt das sogenannte Ersatzgewebe, das vom Körper im Rahmen einer Wundheilung gebildet wird. mehr
bildung auf. Auch das Thrombose- und Embolierisiko erweist sich als sehr gering. Mit einer Erfolgsquote von nahezu 90 Prozent gehört die Wasserstrahl-assistierte Schweißdrüsenabsaugung zu den modernsten und sichersten Verfahren, um übermäßiges Schwitzen langfristig zu unterbinden.
Man hört im Zusammenhang mit der Hyperhidrose auch immer wieder von einer minimal invasiven Methode, der Endoskopischen transthorakalen Sympathektomie (ETS). Ist dieser Eingriff ähnlich?
Dr. Voigt: Nein gar nicht: Dieser Eingriff, bei dem Nervenleitbahnen durchtrennt werden, ist umstritten, da die möglichen Nebenwirkungen signifikant sein können. So wurde als Nebenwirkung oftmals das sogenannte Horner-Syndrom beobachtet. Das ist eine spezifische Form von Nervenschädigung, die zu einer einseitigen Gesichtsasymmetrie mit hängenden Augenlidern führt. Auch das kompensatorische Schwitzen kann enorm sein. Das bedeutet, dass zwar der Schweißfluss an dem betroffenen Areal mittels der Durchtrennung der Nervenleitbahnen gestoppt wurde, aber dafür verstärktes Schwitzen an anderen Körperteilen auftrat. Ich persönlich würde deshalb auf diesen Eingriff verzichten.
Kann kompensatorisches Schwitzen auch nach einer Wasserstrahl-assistierten Schweißdrüsenabsaugung entstehen?
Dr. Voigt: Das konnte ich bisher nicht beobachten. Wenn kompensatorisches Schwitzen auftreten sollte, dann ist es so minimal, dass es augenscheinlich nicht ins Gewicht fällt.
Wie teuer ist die Wasserstrahl-assistierte Schweißdrüsenabsaugung und übernehmen die Krankenkassen diese Leistung?
Dr. Voigt: Die Kosten der Behandlung liegen bei circa 2.000 Euro. Die Krankenkassen beteiligen sich bislang nicht daran.
Sehr geehrter Dr. Voigt, wir bedanken uns herzlich für das Gespräch!
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