YaaCool: Unsere Zeit ist eine Zeit der Ernährung nach System. Kein Tag vergeht, ohne dass eine neue Diät, ein neuer Ernährungsweg aufgetan wird. Dr. Lindschinger, Sie sind Experte in Sachen gesundes Essen: Was sind die wahren Bausteine, die dieses ausmachen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Die drei wichtigsten Prinzipien einer gesunden Ernährung sind ganz einfach zu beschreiben und auch leicht zu merken:- A wie ausgewogen
- B wie bedarfsangepasst
- C wie clever (kombiniert)
Können Sie bitte einige Bausteine nennen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Für eine gesunde Praxis heißt dies in Kurzform: Essen Sie mehr Getreide und Getreideprodukte (wenn möglich Vollkornprodukte), außerdem Gemüse, häufig Obst, fettarme Milchprodukte und Seefisch, dafür weniger Fleisch, Wurstwaren und fette Speisen und trinken Sie genügend – und Ihr Körper wird es Ihnen danken!In der optimalen Kombination der einzelnen Nährstoffe (Functional Eating®) liegt der Schlüssel für eine ganzheitliche Gesundheit und somit zu mehr Wohlbefinden und zu einer bedarfsangepassten, ausgewogenen Ernährungsweise.
Lassen Sie uns bitte tiefer in die Materie der Baustoffe eindringen! Die Vielfalt unserer Lebensmittel lässt sich doch auf eine recht einfache Basis zurückführen, oder?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Ganz richtig. Um an der Zahl drei festzuhalten - unser Körper benötigt wiederum drei Basis- oder Makronährstoffe, die da heißen:- Eiweiß
- Kohlenhydrate
- und Fett
Wir brauchen Fett, um uns gesund zu ernähren?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Ja, sicher doch. Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett sind den meisten Menschen zwar bekannt, jedoch fehlt anscheinend dennoch das Wissen über die gesundheitlichen Nutzen dieser drei Basisnährstoffe, da leider nach wie vor einseitige Ernährungsweisen und Radikaldiäten für eine "gute Figur" in Kauf genommen werden.Ganz unter dem Motto "In ein paar Wochen zum Idealgewicht!" werden damit häufig tatsächlich ein paar Kilogramm abgenommen, das aber auf (unbewusst) ungesunde Weise, da in erster Linie Muskelmasse und nicht Fett abgebaut wird. Das um diese verlorenen Kilos geminderte Gewicht kann dann ebenso häufig (natürlich!) nicht gehalten werden und in der Folge wird (überraschenderweise!) noch mehr zugenommen – und all dies auf Kosten unserer eigenen Gesundheit! Denn ein Verzicht führt zu Mangelerscheinungen und eine einseitige und unausgewogene Ernährung über längere Zeit fügt unserem Körper somit nur Schäden zu.
Welche Schäden sind hier zu nennen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Es steht heutzutage außer Frage, dass eine gesunde, bedarfsangepasste und ausgewogene Ernährung nicht nur für ein positives Lebensgefühl sorgt, sondern auch Krankheiten wie die typischen Zivilisationskrankheiten (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Gicht, erhöhter Cholesterinspiegel, Übergewicht, Fettsucht, Magersucht, Krebs, Allergien, Unverträglichkeiten und vieles mehr) vermeiden helfen kann und so eine präventive Wirkung hat.Eine täglich optimale Versorgung mit Makro- (liefern Energie: Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß) und Mikronährstoffen (sind für den Körper lebensnotwendig: Vitamine und Mineralstoffe bestehend aus Mengen- und Spurenelementen) sollte jeder anstreben.
Optimale Versorgung – das klingt schön. Doch wie erreiche ich das Optimum?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Wir sollten auf unsere unterschiedlichen Lebensphasen mit unterschiedlichem Ernährungsverhalten reagieren. Ich vertrete die Meinung, dass unsere Ernährungszukunft nicht "Functional Food" (natürlichen Lebensmitteln und Fertigprodukten werden Vitamine und Spurenelemente sowie Ballaststoffe beigefügt), sondern "Functional Eating®" (eine klug kombinierte Ernährung für Körper, Geist und Seele) lauten muss. Denn kein einziges Nahrungsmittel weit und breit verfügt über alle notwendigen Nährstoffe, die wir zum Leben benötigen. Es ist somit notwendig, dass wir all jene Lebensmittel zu uns nehmen, welche der eigene Körper braucht, welche auf unsere individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Das kann sich somit auch von Tag zu Tag ändern. Die neue Ernährungsphilosophie Functional Eating® berücksichtigt sowohl das erhöhte Belastungsprofil, den verminderten Energiebedarf als auch die geänderten Nährstoffbedürfnisse der heutigen Zeit. Denn es ist doch ganz klar, dass durch veränderte Lebenssituationen unterschiedliche Bedürfnisse entstehen, die individuell angepasste Ernährungsformen verlangen.Was heißt das für den Einzelnen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Konkret heißt dies nun: Was wir zu uns nehmen, hängt von uns selbst ab. Stehen wir unter Stress beziehungsweise "unter Strom", so müssen wir andere Lebensmittel (wie Johanniskrauttee, Hafer, Ingwer, Honigmelone, Schafskäse, Geflügel und Leinsamen) essen, als wenn wir geistige Leistungsfähigkeit suchen. Dann nämlich sind Ginkgo, Weizen, Spinat, Datteln, Milch, Hühnerei und Erdnüsse empfehlenswert. Nur so können wir unseren Körper in jeder Situation optimal versorgen, es hängt wie immer davon ab, dass wir es auch "richtig" tun, nicht auf jede "Schlankheits-Diäten-Falle" reinfallen und gegebenenfalls Experten zu Rate ziehen.Ich würde gerne noch mehr über die Bausteine der gesunden Ernährung wissen. Wie nutzt unser Körper Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett? Welche Wirkungen rufen die Bausteine im Körper hervor?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Das erkläre ich gerne.Eiweiß (Baustoff)
Eiweiß ist ein unentbehrlicher Grundstoff für unseren Körper. Es ist für den Auf- und Umbau von Körpereiweiß zuständig, zum Beispiel für unsere Muskulatur. Es muss täglich mit der Nahrung zugeführt werden, da unser Körper keine Speicherkapazitäten dafür besitzt. Idealerweise sollten täglich circa 10 bis 15 Prozent der Gesamtenergiezufuhr in Form von Eiweiß aufgenommen werden. Eiweiß ist in beinahe gleicher Form sowohl in tierischen wie auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Dennoch ist eine ausgewogene Mischung aus zwei Dritteln pflanzlichem und einem Drittel tierischem Eiweiß am besten beziehungsweise empfehlenswert, da der Anteil an tierischem Eiweiß in unserer täglichen Ernährung leider häufig zu hoch ist, und auch mit einem dementsprechend höheren Fettgehalt verbunden ist.
Sehr gute Eiweißlieferanten sind
- Fleisch
- Fisch
- Geflügel
- Eier
- Milch und Milchprodukte
- Wurstwaren
- Kartoffeln
- Getreide und Hülsenfrüchte
- sowie Soja
Fett (Brennstoff)
Fett ist ein wichtiger Energielieferant und außerdem transportiert es im Blut die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Da Fett auch eine bedeutende Rolle als Geschmacksträger spielt, ist dies oft der Grund, warum davon zu viel aufgenommen wird. Die täglich empfohlene Fettmenge sollte nicht mehr als 25 bis 30 Prozent der Gesamtenergiezufuhr betragen. Dies entspricht ungefähr 70 bis 80 Gramm Fett pro Tag für einen Erwachsenen. Fett nehmen wir als sogenanntes Streichfett in Form von Butter und Margarine und als Kochfett in Form von Pflanzenölen zu uns. Vorsicht jedoch bei den zahlreichen "versteckten Fetten", die in Wurst- und Fleischwaren, Milch und Milchprodukten, Mehlspeisen, Süßigkeiten/Naschwerk, Knabbergebäck, Pommes frites und so weiter anzutreffen sind!
Auch bei den verschiedenen Fetten und Ölen wird nach Höhe der Anteile in drei Fettsäuren unterschieden. Es gibt somit
- gesättigte,
- einfach ungesättigte
- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Kohlenhydrate (Brennstoff)
Kohlenhydrate, also alle Arten von Zucker und Stärke, versorgen unseren Körper mit Energie, und sind für unsere Leistungsfähigkeit verantwortlich und unerlässlich. Auf die Energie aus den Kohlenhydraten sind im Besonderen die Gehirn- und auch die Nervenzellen angewiesen. Zur Gruppe der Kohlenhydrate zählen im Übrigen auch die Ballaststoffe. Die Energie in Ballaststoffen kann der menschliche Organismus zwar nicht verwerten, sie sind jedoch für die Verdauung zuständig und erfüllen zusätzlich im Darm eine wichtige Reinigungsfunktion.
Es gibt unterschiedliche Kohlenhydrate: So wird in die leicht aufschließbaren Kohlenhydrate (stecken zum Beispiel in Süßwaren, Marmelade, Honig, gesüßten Limonaden, Weißmehl und Teigwaren) und in die ballaststoffreichen Kohlenhydrate (aus Kartoffeln, Gemüse, Vollkornreis, Vollkornteigwaren, Vollkornmehl, Vollkornbrot, Hülsenfrüchten oder auch Obst) unterteilt.
Bei den leicht aufschließbaren Kohlenhydraten ist als Nachteil anzuführen, dass sie einen geringen Ballaststoffgehalt aufweisen. Dies führt zu einem schlechten Sättigungswert. Sie sind verantwortlich dafür, dass der Blutzuckerspiegel rasch ansteigt - aber anschließend auch schnell wieder abfällt. Aus diesem Grund sind die ballaststoffreichen Kohlenhydrate für eine gesunde, ausgewogene und bedarfsangepasste Ernährung von Vorteil. Denn die bieten aufgrund des hohen Ballaststoffgehaltes einen hohen Sättigungswert, verursachen einen nur langsamen Blutzuckeranstieg, fördern die Verdauung und liefern zusätzlich wichtige Vitamine und Mineralstoffe.
Wir hier im Institut für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen in Laßnitzhöhe bei Graz empfehlen mindestens 30 Gramm pro Tag an ballaststoffreicher Nahrung, die von Obst, Gemüse oder Vollkornprodukten stammen sollten. Diese Lebensmittel enthalten nämlich nicht nur Ballaststoffe, sondern sind wichtige Mineralstofflieferanten (enthalten zum Beispiel Kalium, Magnesium und Eisen) und Vitaminspender (enthalten zum Beispiel Vitamin B).
Sie haben jetzt mehrfach die sogenannten Mikronährstoffe erwähnt. Was gibt es zu ihnen zu sagen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Der gesundheitliche Nutzen und die Wirkungen der Mikronährstoffe kann man so zusammenfassen:Vitamine
An erster Stelle sei gleich einmal erwähnt, dass eine vitaminreiche Nahrung lebensnotwendig beziehungsweise essentiell ist. Vitamine sind organische Substanzen, die der menschliche Körper nicht oder nur in unzureichenden Mengen selbst produzieren kann. Sie sind deshalb so wichtig, da sie eine tragende Rolle als Bestandteil von Enzymen darstellen, beispielsweise bei der Energiegewinnung. Sie sind für natürliche Abläufe im Körper verantwortlich und ermöglichen diese, zusätzlich dienen sie als wichtige Bestandteile der Schutzmechanismen gegenüber Freien Radikalen. Die Vitamine C, E und das Provitamin A (Carotin) sind vor allem in diesem antioxidativem Bereich ausschlaggebend.
Erwähnenswert ist zudem noch die Einteilung in fett- und wasserlösliche Vitamine, da dies für die Zubereitung von Nahrungsmitteln von großer Bedeutung ist. Die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K können nur dann vom Darm resorbiert werden, wenn sie mit Fett gemeinsam aufgenommen werden. Fettlösliche Vitamine, mit Ausnahme von Vitamin K, werden im Fettgewebe gespeichert, und müssen daher nicht täglich aufgenommen werden. Akute Mangelsituationen können so über einen bestimmten Zeitraum gut ausgeglichen werden. Die restlichen Vitamine zählen zu den wasserlöslichen und können mit Ausnahme von Vitamin B12 nur in geringen Mengen oder teilweise gar nicht gespeichert werden, sodass eine tägliche Zufuhr über die Nahrung von Nöten ist.
Wo finden wir die fettlöslichen und wasserlöslichen Vitamine in der täglichen Nahrungskette?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Das ist schnell aufgezeigt:Fettlösliche Vitamine
Vitamin A (Retionol), Provitamin, Carotin
Hauptlieferanten: Leber, Milch, Butter, Käse, Innereien, Eigelb, Karotten, Tomaten, Grünkohl, Spinat, Brokkoli, Paprika, Erbsen, Mais, Kopfsalat
Empfohlene Zufuhr: 0,8 bis 1,0 Milligramm pro Tag (mg/Tag)
Stoffwechselfunktion: wirksamer Bestandteil des Sehpurpurs, Provitamin wirkt antioxidativ
Vitamin D (Calciferole)
Hauptlieferanten: Milch, Butter, Ei, Hefe, Leber, Innereien, Fisch, Kakao, Pilze
Empfohlene Zufuhr: 5 Mikrogramm pro Tag (µg/Tag)
Stoffwechselfunktion: Zusammenspiel mit dem Parathormon im Kalziumstoffwechsel, Bildung erfolgt auch unter Einwirkung von UV-Strahlen in der Haut
Vitamin E (Tocopherole)
Hauptlieferanten: Pflanzenöle, Fleisch, Eigelb, Milch, Schlagsahne, grüne Pflanzen, Getreide, Nüsse
Empfohlene Zufuhr: 12 bis 15 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: Schutzfunktion vor Autooxidation ungesättigter Fettsäuren
Vitamin K (Phyllochinon)
Hauptlieferanten: grünes Gemüse, Tomaten, Schweineleber, Milch Sojaöl, Rapsöl
Empfohlene Zufuhr: 60 bis 80 µg/Tag
Stoffwechselfunktion: für Blutgerinnung verantwortlich
Wasserlösliche Vitamine
Vitamin B1 (Thiamin)
Hauptlieferanten: Hefe, Kleie, Getreidekorn (vollreif), Getreidekeimling, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Sojamehl, Vollkornprodukte, Spargel, Leber, Niere, Herz, Fleisch, Milch, Eigelb
Empfohlene Zufuhr: 1,0 bis 1,3 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: für Funktionsfähigkeit des Nervensystems verantwortlich, Coenzym Thiaminpyrophosphat im Kohlenhydratstoffwechsel
Vitamin B2 (Riboflavin)
Hauptlieferanten: Hefe, Grünkohl, Spinat, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Vollkornerzeugnisse, Leber, Niere, Herz, Milch, Käse, Eier
Empfohlene Zufuhr: 1,2 bis 1,5 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: Sehvorgang, Kohlenhydrat-, Aminosäure- und Fettstoffwechsel, als Conezym Flavin-Adenin-Dinukleotid (FAD)
Vitamin B3 (Niacin)
Hauptlieferanten :Hefe, Erdnüsse, Pfifferlinge, Gemüse, Getreide, Reis, Kleie, geringer Gehalt in Fisch und Geflügel
Empfohlene Zufuhr: 13 bis 17 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: als Coenzym Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD); hohe Dosis senkt Serum Cholesterin
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Hauptlieferanten: Fleisch, Geflügel, Sardine, Thunfisch, Lachs, Walnuss, Sojabohne, Keime, Vollkornprodukte, Banane, Bierhefe, Blattgemüse
Empfohlene Zufuhr: 1,2 bis 1,6 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: wichtig für Eiweißstoffwechsel von Muskel und Nerven, Bildung roter Blutkörperchen, stärkt das Immunsystem und erhöht die Infektionsabwehr
Vitamin B12 (Cobalamin)
Hauptlieferanten: Eigelb, Fleisch, Fisch, Milch, Käse, Mikroorganismen
Empfohlene Zufuhr: 3 µg/Tag
Stoffwechselfunktion: Blutbildung, Aufbau von Zellsubstanz, als Coenzym bei Methylgruppenübertragung
Vitamin C (Ascorbinsäure)
Hauptlieferanten : Kartoffeln, Paprika, Zitrusfrüchte, Kiwi, Schwarze Johannisbeeren, Sanddorn, Hagebutten, Leber, Milch
Empfohlene Zufuhr: 100 mg/Tag
Stoffwechselfunktion: Infektionsabwehr, beteiligt an Hydroxylierungsprozessen (Kollagenbildung), Antioxidant
Auch die Mineralstoffe (Natrium, Kalium, Magnesium, Kalzium, Phosphat, Folsäure, Chlorid) und Spurenelemente (Eisen, Zink, Mangan, Kupfer, Selen, Chrom, Molybdän, Jodid, Fluorid) können nur über die Nahrung aufgenommen werden. Sie leisten einen großen Beitrag bei einer ausgewogenen Ernährung.
Dr. Lindschinger, jetzt haben Sie detailliert beschrieben, was und warum wir das essen sollen. Können Sie bitte als Nächstes erläutern, was unser Körper mit der Nahrung im Einzelnen macht?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Lebensmittelbestandteile wie Nährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette) werden zuerst im Verdauungstrakt in kleinste Bestandteile gespalten und danach über die Darmschleimhaut ins Blut aufgenommen, um im Körper ihre speziellen Wirkungen entfalten zu können. Eiweiß wird durch Verdauungsvorgänge im Magen und Darm zu Aminosäuren gespalten - diese werden ins Blut übertragen und durch den Blutkreislauf beispielsweise zu den Muskeln transportiert, wo sie als Baustoffe dienen.Ich erkläre die Stationen am besten der Reihe nach:
Mund:
Aufgaben: Zerkleinern und einweichen (mittels Speichel) der Lebensmittel
Die Kohlenhydratverdauung beginnt bereits im Mund! Das können Sie leicht nachvollziehen: Versuchen Sie eine Semmel so lange zu kauen, bis sie süß schmeckt - die enthaltenen Kohlenhydrate werden zu Zucker abgebaut. Daher gilt: Gut gekaut ist halb verdaut!
Magen:
Aufgaben: Reservoir für Nahrungsmittel und Mischer des Nahrungsbreis. Der Magen eines Erwachsenen fasst vom Volumen her circa ein bis zwei Liter Flüssigkeit. Die Magenwand enthält kleine Drüsen, welche Säure (um Bakterien abzutöten) und Substanzen bilden, um die Nahrung chemisch zu zerkleinern. Wenn der Magen die Nahrungsbestandteile weiter "vorverdaut" hat, gibt er sie in kleinen Portionen an den Dünndarm weiter.
Dünndarm:
Der Dünndarm ist circa fünf Meter lang. Er bildet große Mengen Verdauungssaft, auch von der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase fließen Verdauungsflüssigkeiten in den Darm. Alle Bestandteile - Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate - werden hier bis in kleinste Teilchen aufgespalten und können dann durch die dünne Darmschleimhaut wandern und direkt ins Blut und die Lymphflüssigkeit übertreten. Sie gelangen somit in den gesamten Organismus und können dort ihre Wirkungen entfalten.
Dickdarm:
Die Länge dieses Darmabschnitts beträgt etwa 1,5 Meter. Am Ende des Dünndarms tritt der Rest beziehungsweise der schwer verdauliche Nahrungsbestandteil in den Dickdarm über. Seine wichtigste Aufgabe besteht darin, dem Nahrungsbrei Wasser zu entziehen beziehungsweise ihn einzudicken, damit der Stuhl nicht zu flüssig ist. Alles, was unser Körper nicht gebrauchen kann, sammelt sich am Ende des Darms und wird mit dem Stuhl ausgeschieden.
Sie sehen, eine Mahlzeit muss einige Meter an Weg im Körper zurücklegen, dies dauert zwischen ein und drei Tagen!
Aus dem bisher Erwähnten stellen sich mir zwei weitere Fragen. Wie wichtig ist die richtige Kombination von Nahrungsmitteln, um diese optimal zu verdauen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Wie bereits erwähnt, gibt es kein all-inclusive-Nahrungsmittel, welches alle Nähr- und Wirkstoffe beinhaltet. Daher müssen wir uns abwechslungsreich ernähren, um eine optimale Nährstoffzufuhr zu erreichen. Mein neues Konzept des Functional Eating® zielt aufs Ganze, auf eine Ernährung von Körper, Geist und Seele, welche den Anforderungen des Alltags gerecht wird.Mit der speziellen Kombination der Lebensmittel und der Wahl eines passenden Zeitpunktes der Nahrungsaufnahme bewirkt man ideale Resorptions- und Verwertungseffekte im Körper. Ein Beispiel hierfür wäre der gleichzeitige Verzehr von Fleisch (eisenreich) mit Gemüse oder Obstsaft (Vitamin C), wobei Vitamin C die Eisenaufnahme vom Darm ins Blut fördert. Eine gegenteilige Wirkung haben Tanine in Tees, welche eher einen hemmenden Effekt auf die Eisenaufnahme im Darm haben. Eine weitere ideale Kombination wäre der Genuss von Kartoffeln mit Ei, um die biologische Wertigkeit von Eiweiß zu erhöhen.
Meine zweite Frage dazu: Verdaut der Mensch wirklich alles, was er aufnimmt, oder gibt es tatsächlich so etwas wie "Schlacken", die dann möglicherweise abgelagert und langfristig zu Schäden führen können?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Eigentlich wird im Darm fast alles verdaut, mit Ausnahme von unverdaulichen Nahrungsbestanteilen wie Ballaststoffen (zum Beispiel Randschichten von Getreide, Vollkornprodukte, Obst, Gemüse) diese können nur teilweise verdaut werden, haben aber positive Wirkung auf die Darmflora und regulieren somit die Verdauung. Zum Thema Schlacken sage ich: Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine Schlacke, alle unverdaulichen Nahrungsbestandteile ebenso wie auch Giftstoffe über Niere (mit Harn) oder Darm (mit Stuhl) ausgeschieden.Das bringt uns zur optimalen Energiebilanz: Können Sie dieses vielzitierte Schlagwort ernährungstechnisch einordnen?
Prim. Dr. Meinrad Lindschinger: Gerne. Wir essen, um unseren Körper primär mit Energie (Kilokalorien*/Joule**) zu versorgen, welche für alle lebensnotwendigen Vorgänge notwendig ist, also die Verdauung, die Atmung, die Gehirnleistung, den Herzschlag und so weiter. Dies nennt man den Grundumsatz (GU). Zusätzlich nehmen wir mit unserer Nahrung Vitamine, Mineralstoffe wie auch Spurenelemente auf, die auch für den optimalen Ablauf aller Stoffwechselfunktionen unabdingbar sind.Wie viel Energie wir benötigen, ist individuell verschieden und abhängig von Geschlecht, Alter und Bewegung. Es gibt verschiedene Formeln um den Energiebedarf zu ermitteln: (Hier ein Berechnungsweg nach Harris und Benedict)
Frauen: GU (kcal) = 655,1 + 9,56 mal (Körpergewicht in kg) + 1,85 mal (Größe in cm) - 4,68 mal Alter
Männer: GU (kcal) = 66,5 + 13,75 (Körpergewicht in kg) + 5,0 mal (Größe in cm) – 6,78 mal Alter
Zum GU (Grundumsatz) kommt der Leistungsumsatz (LU): Darunter versteht man den Mehrverbrauch an Energie durch körperliche Bewegungen.
Leistungsumsatz = GU mal ...
GU mal 1 ruhen
GU mal 1,5 sehr leicht (sitzen, stehen, nähen, kochen ...)
GU mal 2,5 leicht (langsam gehen, Mechanikerarbeiten ausführen, Segeln ...)
GU mal 5,0 mittel (schnell gehen, Rad- oder Skifahren, Tennis spielen ...)
GU mal 7,0 schwer (bergauf gehen mit Last, Baumfällen, Klettern, Fußball ...)
Der Gesamtenergiebedarf pro Tag ergibt sich aus Grundumsatz (GU) + Leistungsumsatz
Was heißt das konkret? Nehmen wir mehr Energie auf, als wir verbrauchen, wird diese in Form von Fett gespeichert und wir nehmen zu. Eine zu geringe Energieaufnahme dagegen mobilisiert die Energiereserven beziehungsweise -speicher (Fettdepots), dies führt zur Gewichtsabnahme!
*Kilokalorie (kcal) = Energieeinheit, 1 kcal ist die benötigte Energiemenge, um 1 Liter Wasser von 14,5 Grad auf 15,5 Grad zu erwärmen;
1 kcal = 4,186 kJ
**Joule = internationale Energieeinheit