Immer mehr Erwachsene tragen Zahnspangen - täuscht diese Wahrnehmung oder lassen tatsächlich immer mehr Frauen und Männer ihre Zähne gerade rücken? YaaCool-Expertin und Kieferorthopädin Heike Schoebel weiß, warum die Zahnspange derzeit im Trend liegt.
Ein Video über richtiges Zähneputzen mit Zahnspange finden Sie am Ende des Interviews.
YaaCool: Frau Schoebel, stimmt die Wahrnehmung, dass immer mehr Erwachsene eine Zahnspange tragen?
Heike Schoebel, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie aus Hamburg: Ja, das stimmt – immer mehr erwachsene Patienten nutzen die Möglichkeiten moderner Kieferorthopädie, um sich ihren Traum von geraden Zähen
Hamburg. Laut Zahnarzt Dr. Ralf Luckey, MSc, sind schöne Zähne selten gottgegeben. Doch gepflegte Zähne kann jeder zeigen - dank regelmäßigen Putzens, wissenschaftlich anerkannter Putzwerkzeuge und Zahnputz-Regeln. Der Zahn-Experte erklärt Ihnen hier alles, was Sie wissen müssen. Diesen Artikel lesen
und einem schönen Lächeln zu verwirklichen. Die Tendenz eine Zahnspange zu tragen ist steigend, da immer mehr Menschen durch Medien oder zum Beispiel über diese Plattform von der Möglichkeit erfahren, die Schiefstellung ihrer Zähne auch als erwachsener Mensch noch korrigieren lassen zu können. Weiterhin empfehlen fortbildungsorientierte Zahnärzte ihren Patienten immer häufiger, vorhandene Zahnstellungsprobleme mittels Zahnspange zu beheben.
Wann ist eine Zahnspange wirklich sinnvoll?
Heike Schoebel: Grundsätzlich ist das Korrigieren jeder Art von Zahnfehlstellung immer ein sinnvoller und meist medizinisch notwendiger Schritt zur Prävention. Gerade gerückte Zähne erleichtern die alltägliche Zahnpflege erheblich, was Zahnfleischentzündungen und Karies
Karies ist eine Erkrankung des Zahnschmelzes und/oder des Zahnbeins. mehr
vorbeugt und verbessern gleichzeitig die Kaufunktion, da alle Zähne wieder gut zusammen passen.
Dient eine Zahnspange bei Erwachsenen nur der Korrektur von Zahn- und Kieferfehlstellungen oder ist da auch Eitelkeit mit im Spiel?
Heike Schoebel: Wenn eine ästhetische "Schmerzgrenze" erreicht ist und man sich überlegt, ob man beim Lächeln wirklich "Zähne zeigen" möchte, ist Eitelkeit bestimmt der erste Beweggrund, etwas dagegen zu unternehmen. Grundsätzlich ist das Korrigieren jeder Art von Zahnfehlstellung jedoch immer ein wichtiger und medizinisch notwendiger Schritt. Denn der zu Recht empfundene Missstand entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als eine Funktionsstörung, die immer behandlungsbedürftig ist.
Welche Auswirkungen kann eine solche Funktionsstörung mit sich bringen?
Heike Schoebel: Der menschliche Körper ist ein Gesamtsystem: Störungen in einem Bereich führen zu Auswirkungen in vielen anderen. Liegt eine Störung im Zahnbereich vor - passen beispielsweise die Zähne nicht optimal aufeinander - lässt sich die Nahrung nicht richtig zerkauen. Das kann zu Verdauungsstörungen bis hin zur Unterversorgung mit lebenswichtigen Mineralien und Vitaminen führen. Aber auch Verspannungen der Gesichts- und Nackenmuskulatur werden durch Zahnfehlstellungen begünstigt, diese können zum Beispiel Auslöser für Migräneanfälle sein. In einigen Fällen wurden sogar Schwindelanfälle oder Tinnitus diagnostiziert.
Welche Arten von "Zahnspangen" gibt es und bei welcher Diagnose werden sie eingesetzt?
Heike Schoebel: Es gibt unterschiedliche Arten, um Fehlstellungen zu behandeln: Zunächst sind da herausnehmbare Geräte zu nennen, die jedoch das Wachstum beeinflussen und nach Abschluss des körperlichen Wachstums nichts mehr bewirken können. Dann gibt es die klassische festsitzende Zahnspange mit sogenannten Brackets (englisch für "Träger") und Bögen oder die neue Technologie mittels herausnehmbarer elastischer Schienen, der sogenannten Aligner.
Gibt es eine Zahnspangen-Art, die Sie besonders empfehlen können?
Heike Schoebel: Das kommt immer auf die Diagnose an. Die meisten Zahnfehlstellungen lassen sich mit dem Invisalign-System® behandeln. Diese transparenten Kunststoffschienen werden für den Patienten nach einem individuellen Behandlungsplan erstellt und die Zähne dadurch stufenweise in die optimale Position bewegt. Die Aligner werden zum Essen und Zähneputzen herausgenommen. Das vermindert das Risiko von Plaqueentwicklung und Parodontalerkrankungen, erleichtert also die Hygiene. Außerdem sind sie insgesamt sehr komfortabel und mit den persönlichen Situationen erwachsener Menschen kompatibel. Abhängig vom Ausmaß der Fehlstellungen ist die Korrektur durchschnittlich schon nach ein bis eineinhalb Jahren erreicht.
Wie werden Zahnfehlstellungen, die nicht durch diese Methode gerade gerückt werden können, behandelt?
Heike Schoebel: Bei schwerwiegenden Fehlstellungen setzt der Kieferorthopäde festsitzende Apparaturen mit Brackets und Drahtbogen ein. Exakt kalkulierter Druck und Zug bewegt die Zähne innerhalb von ein bis zu vier Jahren auf den richtigen Pfad. Speziell zertifizierte Kieferorthopäden bieten besonders für erwachsene Patienten die Lingualtechnik an, eine Apparatur, bei der die Brackets an der Rückseite der Zähne befestigt werden – von außen unsichtbar. Diese sehr ästhetische Variante ist allerdings eine große Herausforderung: für die Zunge beim Sprechen und Kauen und auch für die notwendige Zahnpflege. Die einzelnen Behandlungsmaßnahmen sind schwieriger umzusetzen als bei einer "normalen" Zahnspange und insgesamt zeitaufwendiger. Daher sind die Kosten im Vergleich mit einer herkömmlichen festsitzenden Zahnspange circa doppelt so hoch.
Und wann wird die sogenannte "Knirschschiene" empfohlen?
Heike Schoebel: Die "Knirschschiene" ist keine kieferorthopädische "Zahnspange". Sie wird eingesetzt, wenn eigene Zähne, Zahnfüllungen oder Zahnersatz den Kontakt zum Gegenzahn stören. Das kann nächtliches Knirschen verursachen und beeinträchtigt die Funktion der Kiefergelenke. Die "Knirschschiene" ist also lediglich ein Therapiemittel, um Zahnfehlfunktionen zu entlasten. Diese Entlastungshilfe ist passiv, das heißt, sie verändert bestehende Ungleichgewichte nur während des Tragens. Für eine dauerhafte Korrektur müssen die Kontakte der Zähne unter Berücksichtigung der Kiefergelenke miteinander harmonisiert werden: entweder durch Füllungen beziehungsweise Kronen oder durch eine kieferorthopädische Behandlung - sprich Zahnspange.
Was kostet eine Zahnspange?
Heike Schoebel: Bei einer Zahnkorrektur mit einer Zahnspange können Kosten in Höhe von circa 4.000 bis 8.000 Euro entstehen, abhängig vom Umfang der Behandlung und dem ästhetischen Anspruch des einzelnen Patienten. Private Versicherungen unterstützen in speziellen Tarifen eine kieferorthopädische Behandlung ihrer Mitglieder, sofern die Behandlung medizinisch erforderlich ist.
Übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für eine Zahnspange?
Heike Schoebel: Einige medizinisch notwendige Maßnahmen im Rahmen einer festsitzenden Spange sind leider nicht Bestandteil der Krankenkassen-Leistungen. Diese Kosten müssen meist selbst getragen werden. Gesetzliche Krankenkassen und private Versicherungen zahlen nur, wenn ein gewisser Schweregrad der Zahnfehlstellung besteht, unabhängig von der tatsächlichen medizinischen Notwendigkeit. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ab einem bestimmten Schweregrad der Fehlstellung die Basiskosten. Für die Behandlung leichterer Fehlstellung bei Kindern und Jugendlichen sowie für alle Behandlungen nach dem 18. Lebensjahr müssen die Patienten beziehungsweise Eltern vollständig aufkommen.
Welche Qualifikation sollte ein Zahnarzt aufweisen, der erwachsenen Patienten zu einer Korrektur mittels Schiene oder Zahnspange rät?
Heike Schoebel: Jeder approbierte Zahnarzt kann Funktionsstörungen und Zahn- und Kieferfehlstellungen diagnostizieren. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn in solchen Fällen Patienten ein Beratungsgespräch bei einem qualifizierten Kieferorthopäden empfohlen werden würde.
Was raten Sie Patienten mit Zahnfehlstellungen?
Heike Schoebel: Jeder, der eine zunehmende Veränderung der Zahnstellung bemerkt, sollte bitte dringend einen Kieferorthopäden aufsuchen. "Schiefe" Zähne sind immer Zeichen eines gestörten Gleichgewichts und sollten behandelt werden.
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