YaaCool: Herr Dr. Wagner, was beinhaltet Ihr Gespräch mit dem Patienten vor der Transplantation?
Dr. Matthias Wagner, Facharzt für Chirurgie und Plastische Chirurgie: Zunächst bespreche ich die gewünschte Stirnhaarlinie. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass ein fortschreitender Haarausfall zur Folge haben kann, dass die Stirnhaargrenze noch weiter zurückweicht und deshalb weitere Transplantationen erforderlich sein können. Ein zu tiefer Haaransatz ist zu vermeiden, da sich - physiologisch bedingt - mit dem Alter auch ein höherer Haaransatz ausbildet.Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den sogenannten Spenderbezirk: Er liegt üblicherweise im Hinterkopfbereich, weil dort die Haare auch bei ausgeprägter Glatzenbildung in der Regel nicht ausfallen. Da der Haarkranz als Spenderbereich einen begrenzenden Faktor darstellt, muss er bei der Operationsplanung immer berücksichtigt werden.
Beschreiben Sie bitte den Ablauf der Operation!
Dr. Matthias Wagner: Bei der im Folgenden beschriebenen Entnahme handelt es sich um die so genannte Stripp-Technik. In unserer Klinik führen wir daneben auch die FUE-Technik durch. Zunächst wird der Spenderbezirk markiert und die Haare dort werden rasiert. Mit Hilfe von Pflasterstreifen wird das übrige Haar weg gehalten. Anschließend wird der Patient auf dem Operationstisch in Bauchlage gebracht. Desinfektion und Abdeckung des Operationsgebietes erfolgen wie bei herkömmlichen operativen Eingriffen auch. Mit einem Lokalanästhetikum mit Adrenalinzusatz wird das Operationsfeld am Hinterkopf betäubt. Ein zusätzliches "Ballonieren", also ein ballonartiges Aufspritzen der Kopfhaut mit sogenannter Tumeszenzlösung, erleichtert mir den Eingriff und minimiert die Blutung. Das elipsenförmige Hautareal wird nun herausgeschnitten (exzidiert), die angrenzenden Wundränder werden vorsichtig mobilisiert, und in zweischichtiger Nahttechnik wird die Wunde verschlossen.Wie präparieren Sie den Spender-Hautlappen, den Sie entnehmen, so dass daraus die Kleinsttransplantate entstehen?
Dr. Matthias Wagner: Dazu wird das entnommene Hautstück (das die Haare enthält) in kleine würfelförmige Einheiten geschnitten, aus denen anschließend die Kleinsttransplantate gewonnen werden. Diese sogenannten follicular units, die jeweils zwei bis vier Haare enthalten, werden mit der Lupenbrille präpariert, um eine möglichst hohe Ausbeute an Transplantaten zu erhalten. Das Zerlegen in Kleinsttransplantate übernehmen speziell ausgebildete Schwestern. Dabei werden basale Fettanteile sowie Teile der Epidermis entfernt, um die Transplantatgröße zu verringern. Bis zur definitiven Einpflanzung verbleiben die Transplantate dann in einer gekühlten Nährlösung.… zurück zur OP: Wie geht es weiter?
Dr. Matthias Wagner: Währenddessen wird der Patient in eine halbsitzende Position gebracht und die Lokalanästhesie im Empfängergebiet durchgeführt. Auch dieses Hautareal wird in oben beschriebener Weise "balloniert". Nach einer Wartezeit von etwa 15 Minuten wird mit dem Setzen der Öffnungen zur Aufnahme der Transplantate begonnen. Dazu gibt es verschiedene Techniken:- Bei der Slittechnik (Schlitztechnik) werden mit Miniskalpellen kleinste Inzisionen (hier: Einschnitte) im Empfängerareal gesetzt.
- Die Bohrtechnik bedient sich eines speziellen Hohlbohrers, um die für die Aufnahme der Transplantate erforderlichen Hohlräume zu schaffen. Die Haarwuchsrichtung wird hierbei berücksichtigt, indem ich die Inzisionen (hier: Bohrlöcher) so plane, dass sie der natürlichen Haarwuchsrichtung entsprechen. Das bedeutet, dass zum Beispiel im Stirnbereich eine schräg nach vorne gerichtete Achse gewählt wird. Selbst den Haarwirbel am Hinterkopf kann ich auf diese Weise mühelos wiederherstellen.
- Lasergeräte werden wegen der dabei beobachteten Komplikationen von den meisten Operateuren nicht mehr verwendet: Es kam wiederholt zu schweren Hitze-Schäden im Kopfhautbereich, in deren Folge sich Narben bildeten. Die Einheilungsrate für die Transplantate war entsprechend gering.
Bekommt der Patient einen Verband?
Dr. Matthias Wagner: Nein. Das ist nicht erforderlich. Aber: Jeder Betroffene weiß, dass ein unvorsichtiger Umgang (Kratzen, Kämmen) mit dem frisch bepflanzten Areal zu Transplantatverlusten führen kann. Wir verzichten auch deshalb auf einen Verband, weil bei dessen Abnahme häufig Transplantate herausgezogen wurden.Worauf muss der Patient nach der OP noch achten?
Dr. Matthias Wagner:- Für ein bis zwei Tage sollte sich der Patient relative Ruhe auferlegen.
- Das Schlafen mit angehobenem Kopfteil ist obligat.
- Die Kopfhaut kann nach ein bis zwei Tagen mit einem milden Shampoo vorsichtig gewaschen werden. So lassen sich vorhandene Verkrustungen lösen. Das Massieren der Kopfhaut ist dabei aber auf jeden Fall zu unterlassen.
- Man sollte für etwa einen Monat die Sonne meiden.