Die Geschichte des "Stylo d'amour"
Bereits das Vorwort macht Lust auf die nachfolgenden Seiten: René Koch reißt dabei kurz und schmackhaft an, was den Leser nur einige Zeit später in aller Ausführlichkeit erwartet: Zum Beispiel wie das Stiefkind des Rotlichtmilieus später wichtiges Accessoire der Dame von Welt wurde - oder wie es dazu kam, dass der Lippenstift heute wichtiges kosmetisches Wirtschaftsgut ist. Auch wer den Lippenstift "Stylo d´amour" taufte, erfährt der Leser in der persönlichen Chronologie des Lippenstiftes von René Koch. Gespickt mit vielen kleinen Anekdoten aus der Welt der Prominenz und visuell angereichert mit zahlreichen Fotos von altertümlichen Kosmetika und Werbeplakaten wird aus der Zeitreise ein kosmetisch-kulturgeschichtliches Ereignis.Lippenstift und Promi-Küsse
Und weil Lippen und Küsse zusammen gehören wie die Biene und der Honig, gibt es anschließend auch dazu einen tieferen Einblick in das Sammelsurium des Visagisten - kunterbunt bestückt mit Lippenbekenntnissen: Zu sehen sind 125 Kussabdrücke von Prominenten wie zum Beispiel Barbara Becker oder Bonny Tyler, und zu lesen sind weit gefächerte Erkenntnisse aus der Kochschen Lippen-Ära: So erfährt man zum Beispiel, dass der längste Filmkuss 185 Sekunden dauerte und in dem Film "Du bist jetzt Soldat" zu sehen ist, oder was es mit dem Nasenkuss der Inuit auf sich hat. Wer dann noch wissen möchte, welcher Kuss-Typ er ist, kann dies in einem Psychotest erfahren, den man allerdings nicht allzu ernst nehmen sollte, wie der Autor rät.Schminkschule über den Lippenrand hinaus
Was wäre ein Visagist, wenn er zur Theorie nicht gleich noch die passenden Praxis-Tipps liefern könnte. So gibt Koch haufenweise Tipps und Tricks für ein perfektes Styling: von der Schminke bis hin zur Typberatung. Der Leser lernt, wie ein perfektes Make-up aussehen kann, und erhält zusätzlich wertvolle Tipps aus über vierzig Jahren Schmink-Erfahrung des Autors. Der Mund wird dabei - dem Thema angemessen - natürlich besonders bedacht. Immer wieder machen wertvolle Informationen wie eine kleine Warenkunde des Lippenstifts inklusive einer geschichtlichen Abhandlung von 2.500 v. Chr. bis heute das Thema rund. Und diese kleinen Exkurse sind es auch, die das Buch zu etwas Besonderem machen: Oder wußten Sie, dass 1770 ein Frankfurter Gesetz besagte: "Wer irgendeinen männlichen Untertan durch trughafte Mittel, als da sind: rote und weiße Schminke, allerlei duftende Essenzen und Puder, in die Ehe verlockt, wird wegen Zauberei verfolgt, und die Heirat kann vor Gericht für null und nichtig erklärt werden..."?René Koch kümmert sich um mehr als nur Lippen
Schlussendlich lässt Koch noch eine Experten-Liga zu Wort kommen, die Fragen rund um den Mund beantworten: Themen von "Lippen aufspritzen" bis hin zu "Gütesiegel in der Kosmetik" oder auch "Erkrankungen im Mundraum" geben dem Buch eine gewisse Ernsthaftigkeit . Alles in allem ist "Lucky Lips" deshalb nicht nur eine Hommage an den Lippenstift, sondern auch ein kleiner Einblick in die Welt des René Koch, der nicht nur als Star-Visagist für schöne Gesichter sorgt. Seit über zehn Jahren kümmert er sich um Menschen mit entstellenden Haut schäden. Deshalb gründete er 1996 den Arbeitskreis Camouflage e.V. Der gemeinnützige Verein steht Brand- und Unfallopfern, Krebs- und Aidskranken oder Menschen mit angeborenen Hautanomalien mit Rat und Hilfestellungen zur Seite. Dafür wurde Koch 2002 mit dem Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.René Koch, "Lucky Lips - Die rote Verführung - 125 Jahre Lippenstift", 144 Seiten, Buchverlag für die Frau, 2. Auflage (8. Mai 2009), 19,95 Euro.